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Der Bundesgerichtshof befasste sich mit den Pflichten eines Verkäufers aus einem Grundstückskaufvertrag, insbesondere mit der rechtzeitigen Beibringung der für die Lastenfreistellung erforderlichen Unterlagen (Löschungsunterlagen). Im Mittelpunkt des Falles steht die Frage, ob dem Verkäufer ein Verschulden des zur Löschung verpflichteten Grundpfandgläubigers zuzurechnen ist.
Gegenstand des Verfahrens war der Verkauf mehrerer Wohnungen und Teileigentumseinheiten. Im zugehörigen Grundbuch war eine Grundschuld eingetragen, die nicht mehr valutierte und vom Käufer nicht übernommen werden sollte. Die Fälligkeit des Kaufpreises wurde daher von der Lastenfreistellung abhängig gemacht.
Der beauftragte Notar sollte die erforderlichen Löschungsunterlagen einholen. Die Löschung verzögerte sich jedoch erheblich, da der Grundschuldbrief beim Gläubiger nicht auffindbar war, so dass ein Verfahren eingeleitet werden musste, um den verlorenen Grundschuldbrief für kraftlos zu erklären.
Die Käuferin bestand auf einer lastenfreien Übertragung und mahnte die Lastenfreistellungsunterlagen beim Verkäufer an. Sie rechnete später Schadensersatzansprüche, im Wesentlichen für entgangenen Gewinn aus dem gescheiterten Weiterverkauf, gegen einen Teil der Kaufpreisforderung auf und zahlte den Kaufpreis unter Vorbehalt. Sodann verlangte sie diesen Teil der Zahlung zurück.
Ein Verkäufer, der sich verpflichtet hat, ein Grundstück von bestehenden Belastungen zu befreien, muss dem Notar die hierfür erforderlichen Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist von typischerweise nicht mehr als zwei Monaten vorlegen. Hält er diese Frist nicht ein, handelt er vertragswidrig und kommt auf Mahnung üblicherweise in Verzug. Der Bundesgerichtshof hat bestätigt, dass es nicht ausreicht, sich nur um die Löschung der Belastungen zu bemühen – der Verkäufer schuldet die Beibringung der dafür erforderlichen Unterlagen.
Allerdings hat der BGH in seiner Entscheidung klargestellt, dass der Verkäufer nicht für die Nachlässigkeit der Bank haftet, bei der der Grundschuldbrief verloren gegangen ist und bei der sich der Käufer vor Kaufvertragsschluss nicht nach dem Vorhandensein des Grundschuldbriefes erkundigen musste. Der Grundpfandgläubiger gilt ist in diesem Fall nicht als „Erfüllungsgehilfe“ des Verkäufers. Das bedeutet, dass Fehler oder Verzögerungen des Gläubigers nicht automatisch zu Lasten des Verkäufers gehen. Zu dieser Frage gab es in Literatur und Rechtsprechung bislang unterschiedliche Auffassungen.
Im Ergebnis wurden sämtliche Schadensersatzansprüche des Klägers mangels Zurechenbarkeit eines Verschuldens des Grundpfandgläubigers zum Verkäufer bzw. mangels Einbeziehung der Interessen eines potentiellen Käufers in den Sicherungsvertrag (kein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter) verneint.
Um sich vor den Risiken einer verzögerten Lastenfreistellung zu schützen, sollten Käufer daher einige wichtige Vorkehrungen treffen.
Der Verlust von Grundschuldbriefen ist leider keine Seltenheit. Der Käufer kann den Verkäufer auffordern, gerade bei einer nicht mehr valutierenden Grundschuld den Grundschuldbrief und die Löschungsbewilligung der Bank rechtzeitig anzufordern und gleich zur Beurkundung mitzubringen.
Entscheidend ist sodann eine präzise Vertragsgestaltung gerade in den Fällen, wo die Löschungsunterlagen nicht von einer Bank beigebracht werden müssen, sondern von einer öffentlichen Behörde oder einer Privatperson. Auch dort, wo es um Teilfreigaben geht, also beispielsweise das von einer Dienstbarkeit oder Reallast ursprünglich belastete Grundstück durch Verschmelzung oder Vereinigung "gewachsen" ist und dann ein Teil dieses Grundstücks verkauft wird, ist beim Gläubiger erst die Betroffenheit der Teilfläche zu recherchieren. Der Kaufvertrag sollte für diese Fälle klare Fristen regeln. Denn die laut BGH für die Beschaffung von Löschungsunterlagen typischerweise anzunehmende Frist von sechs bis acht Wochen wird dann zu knapp sein.
Eine Rücktrittsklausel bringt gegenüber dem gesetzlich geregelten Rücktrittsrecht bei Ausbleiben der fälligen Leistung nach § 323 BGB, das kein Verschulden erfordert, keinen Mehrwert. Auch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall der Verzögerung setzt nach dem gesetzlichen Leitbild (§ 339 BGB) Verzug und damit ein Verschulden voraus, hätte dem Käufer im entschiedenen Fall also nicht geholfen.
Verfasst von Bernhard Kuhn und Kerstin Schoening.