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Die Urteile des Bundesgerichtshofs zur Zulässigkeit von Bearbeitungsgebühren in Darlehensverträgen haben vor einigen Jahren viel Aufsehen erregt. Der BGH hatte in verschiedenen Fallkonstellationen von Verbraucher- wie Unternehmerdarlehensverträgen Bearbeitungsgebühren ganz überwiegend als unzulässige allgemeine Geschäftsbedingungen eingestuft. Nun, nachdem einige Jahre vergangen sind, hat sich die Aufregung gelegt und es ist ein guter Zeitpunkt, Bilanz zu ziehen sowie die Vorgehensweisen, die sich mittlerweile in der Praxis herausgebildet haben, darzustellen.
Die Urteile des Bundesgerichtshofs ("BGH") zur Zulässigkeit von Bearbeitungsgebühren in Darlehensverträgen in den Jahren 2014 sowie 2017 und 2018 haben viel Aufsehen erregt. Der BGH hatte in verschiedenen Fallkonstellationen von Verbraucher- wie Unternehmerdarlehensverträgen Bearbeitungsgebühren ganz überwiegend als unzulässige allgemeine Geschäftsbedingungen ("AGB") eingestuft. Nun, nachdem einige Jahre vergangen sind, hat sich die Aufregung gelegt und es ist ein guter Zeitpunkt, um Bilanz zu ziehen.
Zentraler Ausgangspunkt der Urteile des BGH war, dass vertraglich vereinbarte, laufzeitunabhängige Bearbeitungsgebühren in der Regel AGB darstellen und ganz überwiegend kein Preis, sondern sogenannte Preisnebenabreden sind. Daher sind solche Bearbeitungsgebühren ganz überwiegend "kontrollfähig" und müssen angemessen im Sinne des AGB-Rechts der §§ 305 ff. BGB sein. Nur wenn die Gebühr entweder laufzeitabhängig ist oder ihr eine separate Gegenleistung oder zusätzliche Sonderleistung der Bank gegenübersteht, soll etwas anderes gelten. Auch hier ist die Rechtsprechung streng: Entgelte für z.B. Bonitätsprüfungen, Verwaltungsaufwand und selbst Baufortschrittsprüfungen seien in der Regel im Interesse der Bank und daher keine besondere Gegenleistung. Als Preisnebenabreden hat der BGH laufzeitunabhängige Bearbeitungsgebühren schließlich in aller Regel als unangemessen im Sinne des AGB-Rechts eingestuft, weil sie dem gesetzlichen Leitbild des § 488 BGB mit dem Zins als laufzeitabhängiges Entgelt für Darlehen widersprechen.
Wenngleich die BGH-Rechtsprechung zu Bearbeitungsgebühren seinerzeit aus unterschiedlichsten Richtungen kritisiert wurde, kann sie nunmehr endgültig als gefestigt bezeichnet werden. Während anfänglich noch offen schien, inwieweit diese Rechtsprechung auch auf Unternehmerdarlehen übertragbar ist, verzichtet der BGH nunmehr nahezu vollumfänglich auf Unterscheidungen zwischen Verbraucher- und Unternehmerdarlehen. Insoweit ist ein in der Sache möglicherweise streitbarer, aber zumindest rechtlich berechenbarer Zustand entstanden. Gleichzeitig wurde in neueren Urteilen klargestellt, dass die BGH-Rechtsprechung nicht übertragbar ist auf Nichtabnahmegebühren ("Break-up Fees") sowie Bereitstellungszinsen ("Commitment Fees"). Zumindest die letztere Auffassung scheint der BGH zu teilen, da er eine Revision hierzu nicht zuließ.
Dennoch zeigt die Praxis, dass laufzeitunabhängige Bearbeitungsgebühren vielfach kommerziell gewünscht und daher auch vereinbart werden. Trotz der im Detail teilweise weiter offenen Rechtsprechung, haben sich hierzu einige im Markt übliche Vorgehensweisen herausgebildet.
Individualabrede:
Zunächst können Parteien Bearbeitungsgebühren natürlich statt in AGB-Form durch individuelle Abreden vereinbaren, sodass die strenge AGB-Rechtsprechung des BGH nicht zur Anwendung kommt. Allerdings ist, wie vom BGH 2019 noch einmal bestätigt, die Schwelle hierfür bekanntermaßen hoch. Zur Disposition beider Parteien muss nicht nur die Frage stehen, in welcher Höhe, sondern auch ob überhaupt eine Bearbeitungsgebühr vereinbart wird. Die bloße Wahlmöglichkeit, z.B. dass bei Zustimmung zu einer Bearbeitungsgebühr der Zinssatz vergünstigt wird und/oder Sondertilgungsmöglichkeiten eingeräumt werden, genügt nicht, wenngleich das auch Regelungen sind, die man gelegentlich sieht. Dabei gilt es zu bedenken, dass die Darlegungs- und Beweislast für eine individuelle Abrede grundsätzlich auf Seiten der Bank liegt.
Vereinbarung von Sonderleistungen:
Darüber hinaus können die Parteien auch bestimmte Sonderleistungen vereinbaren und durch konkrete laufzeitunabhängige Bearbeitungsgebühren vergüten. Dies sieht man sehr häufig in der Praxis. Zwar gibt es auch hier Grenzen, aber der BGH hat bereits 2016 angedeutet, dass eine Gebühr für eine Sondertilgungsmöglichkeit erhoben werden kann, wenn wie in Unternehmerdarlehen eine Sondertilgung nicht bereits gesetzlich ohnehin vorgesehen ist. Außerdem wird z.T. argumentiert, dass die Entwicklung und Verwaltung maßgeschneiderter Finanzierungsstrukturen sowie die Syndizierung eines Kredits Sonderleistungen darstellen könnten. Auch die Vereinbarung eines Disagios könnte möglich sein. Jedenfalls muss die Bearbeitungsgebühr ausdrücklich als Entgelt für eine bestimmte Sonderleistung geregelt werden.
Wahl ausländischen Rechts:
Schließlich könnten die Parteien zumindest in internationalen Finanzierungen die Bearbeitungsgebühr nach ausländischem Recht vereinbaren. Dementsprechend wäre deutsches AGB-Recht nicht anwendbar. Dies ist in der Praxis der meist gewählte Weg, wenn die Voraussetzungen gegeben sind, z.B. wenn eine der Parteien ihren Sitz im Ausland hat. Umstritten und daher unklar ist, ob die Vereinbarung eines ausländischen Gerichtsstandes oder eines Schiedsverfahrens unter gleichzeitigem Ausschluss des deutschen AGB-Rechts zulässig ist. Tendenziell scheint die Behandlung der Frage bei reinen Binnensachverhalten vor deutschen Gerichten oder Schiedsgerichten in Deutschland eher ablehnend beurteilt zu werden, während die Erfolgsaussichten im Falle ausländischer Gerichtsstände oder Schiedsorte besser stehen.
Im Ausgangspunkt kann man sagen, dass sich die Finanzierungswelt mit der bestehenden Rechtslage abgefunden hat und in der Praxis laufzeitunabhängige Bearbeitungsgebühren auf verschiedenen Wegen vereinbart. Hier bedarf es wegen der strengen BGH-Rechtsprechung jeweils einer sorgsamen Prüfung im Einzelfall und einer genauen Gestaltung der Vereinbarung.
Verfasst von: Carla Luh, Jens Velten und Julian Schulz.
Relevante Urteile: BGH Urteile vom 16. Februar 2016 (XI ZR 96/15), 4. Juli 2017 (XI ZR 233/16 und 562/15) und 19. März 2019 (XI ZR 9/18) sowie OLG Stuttgart, Urteil vom 17. September 2019 (6 U 110/18) und OLG Nürnberg, Urteil vom 17. März 2020 (14 U 189/19).