Unser interaktiver AI Hub informiert über die neuesten Trends und Entwicklungen.
Eigentumsverhältnisse an und die Sonderrechtsfähigkeit von Photovoltaikanlagen – ein scheinbar trockenes, in der Praxis tatsächlich aber sehr relevantes Thema, das den Bundesgerichtshof (BGH) zu Recht nicht zum ersten Mal beschäftigt. Neben der vom BGH bereits geklärten Frage, ob so genannte Aufdachphotovoltaikanlagen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks oder eines Gebäudes sind, befasste sich der BGH in einem aktuellen Urteil nun mit einer weiteren wegweisenden Rechtsfrage, die insbesondere bei der (Projekt-)Finanzierung von Anlagen, der Veräußerung von Modulen an Kapitalanleger oder im Falle der Insolvenz der errichtenden und betreibenden Projektgesellschaft eine maßgebliche Rolle spielt.
Eigentumsverhältnisse an und die Sonderrechtsfähigkeit von Photovoltaikanlagen – ein scheinbar trockenes, in der Praxis tatsächlich aber sehr relevantes Thema, das den Bundesgerichtshof (BGH) zu Recht nicht zum ersten Mal beschäftigt. Neben der vom BGH bereits geklärten Frage, ob so genannte Aufdachphotovoltaikanlagen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks oder eines Gebäudes sind, befasste sich der BGH in einem aktuellen Urteil nun mit einer weiteren wegweisenden Rechtsfrage, die insbesondere bei der (Projekt-)Finanzierung von Anlagen, der Veräußerung von Modulen an Kapitalanleger oder im Falle der Insolvenz der errichtenden und betreibenden Projektgesellschaft eine maßgebliche Rolle spielt.
Das klare Statement des BGH schafft Rechtssicherheit: Freilandphotovoltaikanlagen in ihrer Gesamtheit und einzelne Module von solchen Anlagen sind grundsätzlich sonderrechtsfähig. Damit ist der Eigentumserwerb an den Anlagen unabhängig vom Grundstück sowie an einzelnen Modulen möglich.
Der BGH urteilt, dass dies jedenfalls dann gelte, solange es sich bei einer Photovoltaikanlage, wie in der Praxis üblich, um eine gerüstähnliche Aufständerung handele, die grundsätzlich ab- und an einem anderen Ort wieder aufgebaut werden könne. Diese befristete Verbindung der Anlage mit dem Grundstück müsse der Nutzungsvertrag zwischen Grundstückseigentümerin und errichtender Projektgesellschaft im Zeitpunkt der Errichtung der Anlagen auch so vorsehen. Außerdem seien die Module – unter bestimmten, unten näher erläuterten Voraussetzungen – nicht zwingend Teil der Photovoltaikanlage.
Diese Klarstellung des BGH ist wichtig für die Finanzierung von Photovoltaikanlagen durch den Projektentwickler. Denn in der Praxis fallen das Eigentum am Grundstück und das Eigentum an der Photovoltaikanlage häufig auseinander. Damit eine Finanzierung von Photovoltaikanlagen möglich ist, müssen die Anlagen häufig zugunsten der finanzierenden Banken besichert werden. Am effektivsten ist dafür die Sicherungsübereignung, die aber nur möglich ist, wenn der Projektentwickler auch Eigentümer der Photovoltaikanlage ist bzw. bleibt. Hier schafft der BGH mit der Bestätigung der Sonderrechtsfähigkeit nun Rechtssicherheit. Um den dabei vom BGH aufgestellten Kriterien Rechnung zu tragen, müssen sich sowohl Errichtungs- und Nutzungsverträge als auch die tatsächliche Errichtung der Freilandphotovoltaikanlagen eng daran orientieren.
Der BGH bestätigte überdies, dass separates Eigentum nicht nur an der gesamten Anlage, sondern auch an einzelnen Modulen der Anlage erworben werden kann. Damit ermöglicht er die dem Urteil zugrundeliegenden Investitionsmodelle für Photovoltaikanlagen erst, stellt sie aber andererseits vor Herausforderungen.
Bei diesen Investitionsmodellen erwirbt ein Projektentwickler Nutzungsrechte an einem Grundstück, errichtet darauf eine Photovoltaikanlage, veräußert Module in Paketen an diverse Investoren, die die Module zurück an den Projektentwickler vermieten. Die Rendite der Investoren ergibt sich somit aus der Miete, die der Projektentwickler idealerweise aus dem Betrieb der Anlage finanziert.
Dieses Anlagemodell funktioniert allerdings nur, wenn die Investoren auch tatsächlich Eigentum an den einzelnen Modulen erwerben können. Wie vom BGH nun festgestellt, setzt dies Austauschfähigkeit voraus, also dass die Module durch andere, auf dem Markt verfügbare Module ersetzt werden und die ausgebauten Module an anderer Stelle wieder verwendet werden können. Der Beurteilungszeitpunkt ist dabei der Eigentumserwerb an den Modulen. Außerdem betont der BGH, dass hinreichend bestimmt sein muss, welche Module veräußert werden sollen, was durch einen konkreten Lageplan oder eine andere eindeutige Kennzeichnung sichergestellt werden muss.
Die Entscheidung des BGH ist auch für Investoren von Projekten von Bedeutung. Wären die Module nicht sonderrechtsfähig, hätten sie im Fall einer Insolvenz der Projektgesellschaft lediglich einen im Zweifel wenig werthaltigen Anspruch gegen die Insolvenzmasse mit allen anderen Gläubigern gemeinsam. Wurde das Eigentum an den Modulen jedoch wirksam übertragen, wird dies durch eine spätere Insolvenz nicht berührt und das wirtschaftliche Risiko für die Investoren damit erheblich reduziert.
Zusammenfassend ist somit für die Praxis wichtig, dass die vom BGH aufgestellten Leitlinien bei der Erstellung von Errichtungs- und Nutzungsverträgen von Freilandphotovoltaikanlagen sowie bei der (Sicherungs-)Übereignung der Anlage oder einzelner Module auf Sicherungsgeber oder Kleinanleger berücksichtigt werden. Denn unabhängig von der richtungsweisenden Entscheidung des BGH bleibt die Beurteilung der Sonderrechtsfähigkeit von Freilandphotovoltaikanlagen bzw. deren Modulen eine Einzelfallentscheidung, die es rechtlich in der Vertragsgestaltung abzusichern gilt.
(BGH Urteil vom 22. Oktober 2021, V ZR 225/19, 8/20, 44/20 und 69/20, Veröffentlichung des Urteils einschließlich der Begründung folgt. Die Ausführungen basieren auf der entsprechenden Pressemitteilung des BGHs.)
Verfasst von Jürgen Kess, Jens Velten, Tobias Faber und Carla Luh.