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In diesem Beitrag widmen wir uns fünf zentralen Streitpunkten, die in Joint Ventures immer wieder zu beobachten sind. Dies umfasst die Entfernung eines unliebsamen Partners, die Übernahme der Kontrolle innerhalb des Joint Ventures, den Zugang zu Informationen, die Lösung von Pattsituationen und die Zahlung von Abfindungen. In diesem Beitrag finden Sie eine detaillierte Übersicht zu diesen Themen und wichtige Hinweise für die Praxis.
Wenn eine Zusammenarbeit mit dem Joint Venture-Partner in einer GmbH untragbar wird, kommen als Mittel der Wahl vor allem der Ausschluss des Joint Venture-Partners aus der Gesellschaft oder die Einziehung seiner Anteile in Betracht. Wenn weder Ausschluss noch Einziehung möglich sind, bleibt als „last resort“ oftmals nur die Möglichkeit der Auflösung der Gesellschaft.
Ein Ausschluss aus wichtigem Grund ist auch dann möglich, wenn dies nicht explizit in der Satzung geregelt ist. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn das Verhalten des Gesellschafters die fortgesetzte Zusammenarbeit unzumutbar macht.
Zur Wirksamkeit einer Ausschließung hat der BGH in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 11. Juli 2023, II ZR 116/21) seine jahrzehntelange Rechtsprechung zur sog. Bedingungslösung aufgegeben. Nach dieser neuen Entscheidung wird die Ausschließung des betroffenen Gesellschafters bereits mit Rechtskraft des Urteils wirksam und nicht erst durch die Leistung der Abfindung. Der ausgeschlossene Gesellschafter hat nun nicht mehr die Möglichkeit, bis zur Zahlung der Abfindung weiterhin „Porzellan zu zerschlagen“.
Die Zwangseinziehung eines Geschäftsanteils ist ein weiterer Weg, um sich von einem missliebigen Joint Venture-Partner zu trennen. Hierzu bedarf es einer ausdrücklichen Regelung in der Satzung. Die Einziehung sollte sowohl im schuldrechtlichen Joint Venture-Vertrag als auch in der Satzung so konkret wie möglich geregelt sein. Dabei sollte unbedingt auf einen Gleichlauf zwischen Joint Venture-Vertrag und Satzung geachtet werden.
Als letztes Mittel bleibt die Auflösungsklage nach § 61 GmbHG. Diese ist begründet, wenn der Fortbestand der Gesellschaft für den Kläger unzumutbar geworden ist. Besonders in zerstrittenen Joint Ventures, bei denen das untragbare Verhalten auf beiden Seiten gleich schwer wiegt, sind Ausschluss und Einziehung nicht immer möglich. Dann ist die Auflösungsklage ein probates Mittel, um die Deadlock-Situation aufzulösen. Eine nachhaltige Zerrüttung zwischen den Gesellschaftern ist dabei das typische Beispiel für eine Auflösungsklage.
Die Auflösung bringt allerdings einige Nachteile mit sich: Das gemeinsam aufgebaute Unternehmen wird zerschlagen, wenn ein Verkauf nicht möglich ist. Zudem beendet die Auflösung die bestehenden Unstimmigkeiten nicht sofort. Im Liquidationsstadium gehen die Streitigkeiten häufig weiter.
Um die Nachteile der Auflösung zu vermeiden, ist es empfehlenswert, konkrete Regeln für eine Deadlock-Situation vorzusehen.
Key Takeaways:
Ausschluss und Einziehung sollten im Joint Venture-Vertrag und in der Satzung möglichst umfassend geregelt sein.
Ohne Satzungsregelung bleibt der Ausschluss aus wichtigem Grund möglich.
Bei gesellschaftswidrigem Verhalten auf beiden Seiten kann die Auflösungsklage ein geeignetes Mittel sein, um die Deadlock-Situation aufzulösen.
Streitigkeiten zwischen Joint Venture-Partnern erstrecken sich oft auf die Geschäftsführerebene. Denn typischerweise sind die Joint Venture-Partner selbst Teil der Geschäftsführung. Bestehen Hinweise, dass eine Seite in der Funktion als Geschäftsführer (weiter) Maßnahmen umsetzt, die dem Joint Venture schaden können, ist es wichtig, schnell zu handeln, um diesen Geschäftsführer aus der Geschäftsführung zu entfernen.
Ein Gesellschafter-Geschäftsführer kann – vorbehaltlich besonderer Regelungen im Gesellschaftsvertrag – grundsätzlich durch Beschluss der Gesellschafterversammlung jederzeit abberufen werden. Im Falle einer 50/50-Beteiligung blockiert der andere Joint Venture-Partner eine solche Abberufung allerdings typischerweise, so dass in der Gesellschafterversammlung nicht die erforderliche Mehrheit erreicht werden kann.
Eine solche Blockade kann aufgelöst werden, wenn ein wichtiger Grund in der Person des Gesellschafter-Geschäftsführers vorliegt. In diesem Fall unterliegt Letzterer nämlich grundsätzlich einem Stimmverbot in der Gesellschafterversammlung. Ein wichtiger Grund wird insbesondere dann angenommen, wenn der Verdacht von strafrechtlichen Vergehen oder besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen besteht. In einem solchen Szenario sollte auch erwogen werden, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ein Tätigkeitsverbot gegen den Geschäftsführer zu erwirken, um für die Zeit bis zur nächsten Gesellschafterversammlung weitere Schäden von der Gesellschaft abzuwenden.
Key Takeaways:
In 50/50-Joint Ventures ist die einseitige Abberufung von Gesellschafter-Geschäftsführern in der Regel dann möglich, wenn der betreffende Geschäftsführer besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen begangen hat.
Für den Erfolg des sich häufig anschließenden Gerichtsverfahrens ist entscheidend, dass der betreffende Pflichtverstoß bewiesen werden kann. Es ist daher wichtig, so früh wie möglich sämtliche Unterlagen zusammenzustellen, aus denen sich der Pflichtverstoß ergibt.
Die Sonderprüfung ist ein wirksames Mittel, um bei konkreten Verdachtsmomenten Einblick in die Geschäftsführung zu erhalten. Voraussetzung für die erfolgreiche Beantragung einer Sonderprüfung ist ein konkreter, auf Tatsachen gestützter Verdacht. Das Gericht ist an die Bestellung des von der Hauptversammlung vorgeschlagenen Sonderprüfers gebunden und darf diesen nicht eigenmächtig austauschen.
Ein Antrag auf Sonderprüfung kann wegen Rechtsmissbräuchlichkeit abgewiesen werden, wenn er lediglich dem Erhalt eines Sondervorteils dient. Ein solcher Missbrauch liegt vor, wenn der Antragsteller eigennützige oder illoyale Ziele verfolgt.
Relevante Rechtsprechung: Das OLG München entschied (Beschluss vom 6. Juli 2021, 31 Wx 236/21), dass rechtsmissbräuchliche Anträge auf Sonderprüfung als unbegründet abzuweisen sind, um die Gesellschaft vor unangemessenen Belastungen zu schützen.
Key Takeaways:
Die Bestellung des Sonderprüfers – einschließlich der Bestimmung seiner Person – liegt allein in der Kompetenz der Hauptversammlung.
Voraussetzung ist ein konkreter, auf Tatsachen gestützter Verdacht, um eine Sonderprüfung durchzuführen.
Der Antrag auf Bestellung eines Sonderprüfers kann rechtsmissbräuchlich und damit abzuweisen sein.
Pattsituationen treten häufig in 50/50-Joint Ventures auf, wenn sich gleich starke Gesellschafterblöcke gegenüberstehen und keine Einigung erzielt werden kann. Solche Deadlocks können die Handlungsfähigkeit des Joint Ventures erheblich beeinträchtigen.
Zur Lösung von Deadlocks können vertragliche Regelungen wie Escalation Clauses, Buy-Sell-Agreements oder Russian Roulette-Klauseln eingesetzt werden. Diese Mechanismen helfen, die Entscheidungsfähigkeit wiederherzustellen und eine Pattsituation aufzulösen. Nach einem Urteil des OLG Nürnberg vom 20. Dezember 2013 (12 U 49/13) sind etwa Russian Roulette-Klauseln unter bestimmten Voraussetzungen als faire und ausgewogene Lösung anerkannt.
Key Takeaways:
Deadlock-Klauseln sollten im Joint Venture-Vertrag detailliert geregelt sein.
Mechanismen wie Buy-Sell-Agreements oder Russian Roulette-Klauseln können helfen, Pattsituationen zu überwinden.
Bei der Beendigung eines Joint Ventures stellt sich oft die Frage nach der Abfindung. Der Abfindungsanspruch ergibt sich grundsätzlich aus Gesetz oder Vertrag. Die Höhe der Abfindung kann – und führt regelmäßig – zu Streitigkeiten.
Der Kläger muss darlegen und beweisen, worauf sich der Anspruch stützt und wie die Abfindung der Höhe nach berechnet wurde.
Häufige Streitpunkte sind die Auslegung von Satzungsklauseln, die Relevanz von Anteilsverkäufen aus der Vergangenheit, die Berechnung der Höhe der Abfindung, die Auswahl des Sachverständigen und die Richtigkeit von Bilanzen.
Streitigkeiten über die Wirksamkeit von vertraglichen Abfindungsbeschränkungen werden in der Regel inzident im Rahmen des geltend gemachten Abfindungsanspruchs geprüft Bestand schon zum Zeitpunkt der Vereinbarung bzw., soweit für die jeweilige Gesellschaft ein Eintragungserfordernis besteht, bei Eintragung der Abfindungsbeschränkung in das Handelsregister ein Missverhältnis zwischen Verkehrswert und festgelegtem Wert, ist die Abfindungsbeschränkung nichtig. Kommt es erst später zu einem Missverhältnis, passt die Rechtsprechung die Abfindungshöhe an.
Sieht der Gesellschaftsvertrag die Bestimmung der Höhe der Abfindung durch ein bindendes Schiedsgutachten vor, kann eine Klage auf Bestimmung des Sachverständigen erforderlich sein. Von daher empfiehlt es sich, ein Verfahren für den Fall zu regeln, dass sich die Parteien nicht über die Person des Schiedsgutachters einigen können, z.B. durch Bestimmung des Sachverständigen durch die IHK. Das Schiedsgutachten kann nur bei offenbarer Unbilligkeit i.S.v. § 319 Abs. 1 BGB angegriffen werden. Insoweit kommen eine Gestaltungsklage auf Änderung des zu zahlenden Betrages oder eine Leistungsklage auf Zahlung oder Rückzahlung in Betracht.
Key Takeaways:
Abfindungsbeschränkungen können unwirksam sein, wenn sie zu einem Missverhältnis zwischen dem tatsächlichen und dem festgelegten Wert führen.
Schiedsgutachten sind am Kriterium der offensichtlichen Unbilligkeit zu messen.
Schiedsklauseln vermeiden die Auseinandersetzung über sensible Unternehmensdaten in der Öffentlichkeit.
Diese fünf Hot Topics verdeutlichen einige der wesentlichen Herausforderungen sowie Lösungsansätze im Rahmen von Joint Ventures. Eine sorgfältige vertragliche Gestaltung und eine fundierte rechtliche Beratung sind entscheidend, um Streitigkeiten zu vermeiden und im Ernstfall optimal vorbereitet zu sein.
Für weitere Beratung und Unterstützung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Ihr Erfolg ist unser Ziel – lassen Sie uns gemeinsam die besten Lösungen für Ihr Joint Venture finden. Interessierte können sich auch gerne hier zu unserer Webinarreihe Corporate Litigation anmelden.
Authored by Olaf Gärtner, Kim Lars Mehrbrey, Ingrid Andres, Sophia Jaeger, and Jackie Bronsdon.