Insights und Analysen

US-Schutzschild gegen Nachhaltigkeit – Neue Herausforderungen für Unternehmen

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PROTECT USA Act of 2025 – ein Name wie ein Donnerhall. Der am 12. März 2025 vom einflussreichen U.S.-Senator Bill Hagerty eingebrachte Gesetzentwurf mit dem Titel „Prevent Regulatory Overreach from Turning Essential Companies into Targets Act of 2025“ (PROTECT USA Act of 2025) könnte weitreichende Auswirkungen auf Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks haben. Der Gesetzentwurf enthält ein sogenanntes Blocking Statute für Nachhaltigkeitssorgfaltspflichten. Dieses Blocking Statute würde die Nichtanwendbarkeit von extraterritorialen Nachhaltigkeitssorgfaltspflichten, wie die ausdrücklich genannte Corporate Sustainability Due Diligence Directive, für bestimmte Unternehmen bewirken.

Dunkle Wolken am Horizont 

In den vergangenen Jahren wurden insbesondere in der Europäischen Union (EU) mit großer Geschwindigkeit eine neue europäische Nachhaltigkeitsgesetzgebung geschaffen. Ein zentrales Puzzlestück ist dabei die Europäische Lieferkettenrichtlinie, die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD). Danach müssen sowohl EU- als auch Nicht-EU-Unternehmen im Anwendungsbereich der CSDDD umfassende menschen- und umweltrechtliche Sorgfaltspflichten entlang der sogenannten „Aktivitätskette“ erfüllen. Die „Aktivitätskette“ umfasst das eigene Unternehmen, vorgelagerte Geschäftspartner und begrenzte nachgelagerte Aktivitäten. Diese Verpflichtungen würden auch für U.S.-Unternehmen gelten, die in der EU einen Umsatz oberhalb bestimmter Schwellenwerte erzielen. Die CSDDD sollte ursprünglich bis zum 26. Juli 2026 in nationales Recht der EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden und ab dem 26. Juli 2027 in abgestufter Form für die ersten Unternehmen Anwendung finden. Dieser Zeitpunkt wird durch die aktuellen Vorschläge in der sog. Omnibus-Richtlinie voraussichtlich aber jeweils um ein Jahr nach hinten verschoben. 

Der PROTECT USA Act of 2025 sieht diese Gesetzgebung für Nachhaltigkeitssorgfaltspflichten in der Lieferkette jedoch als potenzielle Bestrafung amerikanischer Unternehmen an, selbst wenn sie nur in begrenztem Umfang in Europa tätig sind. Nach der Gesetzesbegründung dient der Gesetzentwurf dazu, die Möglichkeit zur Teilnahme am internationalen Handel von U.S.-Bürgern zu schützen. Der PROTECT USA Act of 2025 wendet sich hierfür insbesondere gegen einseitige Maßnahmen von Staaten, die wesentlich von geltenden U.S.-Vorschriften abweichen. 

Weiter Anwendungsbereich 

Der Gesetzentwurf zum PROTECT USA Act of 2025 hat einen weiten Anwendungsbereich. Er soll für bestimmte Unternehmen gelten, die für die nationalen Interessen der USA wesentlich sind. Ein solches nationales Interesse wird bei Unternehmen angenommen, die (i) eine Geschäftsbeziehung zur U.S.-Bundesregierung unterhalten, (ii) nach dem Recht der USA gegründet wurden – sowie deren ausländische Tochtergesellschaften – und in den Bereichen Rohstoffgewinnung (Bergbau, Öl und Gas, Land- und Forstwirtschaft) und -verarbeitung oder Verteidigung tätig sind oder (iii) vom U.S.-Präsidenten als wesentlich für die nationalen Interessen eingestuft wurden. 

Vom Anwendungsbereich können also nicht nur U.S.-Unternehmen, sondern potenziell jedes in den USA tätige Unternehmen erfasst sein. Denkbar ist daher zum Beispiel auch, dass europäische Unternehmen, die die U.S.-Bundesregierung beliefern, vom Anwendungsbereich erfasst sind. 

Blocking Statute als Kernstück des PROTECT USA Act of 2025 

Kernstück des Gesetzentwurfs ist ein Blocking Statute. Die Wirkung eines Blocking Statute kann mit der eines Schutzschildes verglichen werden. Es schützt nicht nur vor dem Normbefehl (z.B. Sorgfaltspflichten für Nicht-EU-Unternehmen unter der CSDDD), sondern auch umfassend vor negativen Konsequenzen. Danach dürfen Unternehmen, die für das nationale Interesse der USA wesentlich sind, grundsätzlich keine Nicht-U.S.-Nachhaltigkeitssorgfaltspflichten einhalten. 

Das Blocking Statute schützt Unternehmen, die für das nationale Interesse wesentlich sind, vor „foreign sustainability due diligence regulations“. Dieser Begriff ist legaldefiniert und umfasst unter anderem Gesetze und Rechtsakte, die Lieferkettensorgfaltspflichtenmaßnahmen zu ökologischen und sozialen Auswirkungen vorsehen. Besonders hervorgehoben wird hierbei die CSDDD. Daneben könnten aber auch andere Gesetze wie das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) von dieser Definition erfasst sein. Abzuwarten bleibt, ob auch die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die EU-Taxonomie oder die produktbezogene Nachhaltigkeitsgesetzgebung, wie die EU-Entwaldungsverordnung oder die EU Batterieverordnung, betroffen wären. Ausgenommen vom Blocking Statute sind jedenfalls Vorschriften, die U.S.-Vorschriften inhaltlich im Wesentlichen entsprechen. 

Umfassende Schutzwirkung 

Die Schutzwirkung des Blocking Statute ist umfassend ausgestaltet. Vorgesehen sind (i) ein Verbot nachteiliger Maßnahmen gegen Unternehmen mit wesentlicher Bedeutung für das nationale Interesse der USA sowie (ii) ein Vollstreckungsverbot ausländischer Urteile gegen solche Unternehmen. 

Damit der Schutzschild nicht wirkungslos bleibt, sieht der Gesetzentwurf umfangreiche und einschneidende Maßnahmen vor: (i) Schutzmaßnahmen für die betroffenen Unternehmen mit wesentlicher Bedeutung für das nationale Interesse der USA nach dem Ermessen des U.S.-Präsidenten; (ii) zivilrechtliche Ansprüche für die geschützten Unternehmen bei Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot; (iii) Bußgelder von bis zu USD 1 Million sowie einen möglichen Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen auf U.S.-Bundesebene von bis zu drei Jahren. 

Erfasste Unternehmen können eine Härtefall-Regelung nutzen, nach der geschützte Unternehmen beim U.S.-Präsidenten eine Befreiung vom Blocking Statute beantragen können. 

Unternehmerisches Ermessen und Geopolitik 

Am PROTECT USA Act of 2025 zeigt sich erneut, warum Geopolitik mittlerweile einen festen Platz im Board Room hat. Die zunehmend teils recht schnelllebigen geopolitischen Entwicklungen haben vielfältige Auswirkungen auf zentrale Pflichten von Geschäftsleitungen, wie der Strategie und Organisationspflichten (Compliance- und Risikomanagement), aber auch auf konkrete Einzelmaßnahmen (etwa Investitionsentscheidungen). Auch geopolitische Auswirkungen auf die weltweite Organisation von Konzernen und deren Bestand sind möglich. 

Vor diesem Hintergrund sollten geopolitische Erwägungen und Auswirkungen einen festen Platz im Prozess unternehmerischer Entscheidungen und der Abwägung nach der Business Judgement Rule haben. 

Erschwert wird diese geo- und geschäftspolitische Herausforderung durch den sich zunehmend auch beim Blick über den Atlantik abzeichnenden Conflict of Laws, der Unternehmen zusätzlich zu komplexen Abwägungsentscheidungen zwingt. Denn das Blocking Statute des PROTECT USA Act of 2025 hätte weitreichende Folgen für eine Vielzahl von EU- und U.S.-Unternehmen und deren Compliance-seitigen Umgang mit dadurch entstehenden Conflict of Laws. 

Gegenüber den vom PROTECT USA Act of 2025 erfassten Unternehmen wäre etwa auch die Durchführung von Nachhaltigkeitssorgfaltspflichten z.B. durch nach der CSDDD verpflichtete Unternehmen praktisch unmöglich. Bei Verstößen gegen das Blocking Statute drohen Sanktionen. Gleichzeitig würden die etwa nach der CSDDD oder dem LkSG geltenden Sorgfaltspflichten verletzt werden. Auch hier drohen Sanktionen wie Bußgelder. Es stellt sich daher die Frage, ob bzw. unter welchen genauen Voraussetzungen in diesem Fall die Geschäftsbeziehung abzubrechen wäre. 

Doch nicht nur Zuliefererverhältnisse wären betroffen. Auch im eigenen Geschäftsbereich – etwa von internationalen Konzernen – würde der PROTECT USA Act of 2025 einschneidend wirken. So könnten einzelne Gesellschaften im Konzern dem Blocking Statute unterfallen, wenn sie Geschäftsbeziehungen zur U.S.-Bundesregierung unterhalten. Da die einschlägigen Nachhaltigkeitsrechtsakte wie die CSDDD und das LkSG im eigenen Geschäftsbereich grundsätzlich einen besonders strengen Maßstab anlegen, würde auch diese Situation für Unternehmen zu Konflikten führen. 

Nach alledem ist eines für Geschäftsleitungen klar: das sichere Navigieren global tätiger Unternehmen bleibt anspruchsvoll und herausfordernd. Umfassende Vorbereitungen, Analysen und interne Prozesse sowie ein fortlaufendes Monitoring politischer und geschäftlicher Entwicklungen helfen, die vielfältigen Business- und Compliance-Risiken richtig zu gewichten und bestmöglich zu minimieren. 

Ausblick und Empfehlung 

Trotz einer gewissen Gegenbewegung (siehe etwa die jüngsten Entwicklungen rund um das Omnibus-Paket) schreitet die regulatorische Nachhaltigkeitslandschaft weltweit aktuell weiterhin voran. Der PROTECT USA Act of 2025 – sollte er Gesetz werden – würde die Auswirkungen dieser Entwicklung begrenzen und in Teilen sogar umkehren. 

Es ist derzeit noch unklar, ob und wann der U.S.-Kongress über den Entwurf des PROTECT USA Act of 2025 entscheiden wird. Gesetzgebungsverfahren in den USA sind in der Regel langwierig, und die Mehrheitsverhältnisse im aktuellen U.S.-Kongress sind knapp. Sollte der Entwurf tatsächlich angenommen und zu geltendem Recht werden, hätte dies weitreichende Konsequenzen für internationale Unternehmen, deren Geschäfts- und Compliance-Strategien sowie den transatlantischen Handel. 

Ungeachtet dessen ist davon auszugehen, dass der Gesetzentwurf auch auf politischer Ebene in Europa thematisiert wird. Zudem sind weitere Maßnahmen sowie die Ausübung von politischem Druck gegen die extraterritoriale Anwendung europäischer Nachhaltigkeitsvorschriften nicht auszuschließen. 

Diese zunehmenden Spannungen bringen für Unternehmen nicht nur zusätzliche Compliance-Herausforderungen, sondern auch geschäftliche Risiken mit sich. So wäre beispielsweise eine Gegenreaktion der EU-Kommission denkbar. 

Um die sich daraus ergebenden Risiken zu minimieren, sollten Unternehmen die regulatorischen Entwicklungen auf beiden Seiten des Atlantiks genau verfolgen und deren potenzielle Auswirkungen auf das eigene Geschäft regelmäßig bewerten. Dadurch lassen sich Veränderungen in globalen Lieferketten frühzeitig erkennen und entsprechend einordnen. Dies schließt eine umfassende Bewertung von Prozessrisiken und Auswirkungen von Maßnahmen auf die Verbrauchernachfrage und die Marktpositionierung ihrer Marke ein. Ergänzend dazu kann ein aktives regulatorisches Monitoring durch einen regelmäßigen Austausch, z.B. auch vermittelt durch die jeweiligen Industrieverbände, mit den zuständigen Behörden in Europa und den USA unterstützt werden. Dies schafft zudem Handlungsspielräume bei exekutiven Entscheidungen, die oft kurzfristig getroffen werden müssen, da Unternehmen direkten Zugang zu relevanten Informationen erhalten. 

 

Verfasst von Christian Ritz, LL.M. (USYD) und Dr. Felix Werner.

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