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Wie jedes Jahr sind auch im Arbeitsrecht zum 1. Januar 2024 eine Reihe von Neuregelungen in Kraft getreten. Zudem sind weitere Änderungen in der Pipeline. Werfen Sie mit uns einen Blick auf wichtige bereits beschlossene sowie geplante Gesetzesänderungen, die Sie im Jahr 2024 beschäftigen werden.
Der seit langem angekündigte Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes, mit dem insbesondere eine Aufzeichnungspflicht für Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit eingeführt werden soll, lässt weiter auf sich warten. Nachdem im April 2023 ein erster interner Ressortentwurf an die Öffentlichkeit gedrungen war, rutschte das Thema in der Prioritätenliste des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) immer weiter nach hinten. Anfang Oktober fand zuletzt im Bundestag eine öffentliche Anhörung statt, in der sich der Ausschuss für Arbeit und Soziales eher allgemein mit der gesetzlichen Umsetzung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14. Mai 2019 zur künftigen Erfassung der Arbeitszeiten von Beschäftigten befasste. Es bleibt abzuwarten, ob das Gesetzesvorhaben in 2024 wieder Fahrt aufnehmen wird.
Eine Zusammenfassung zum Gesetzesentwurf zur Arbeitszeiterfassung aus April 2023 finden Sie hier.
Für Unternehmen, die trotz Beschäftigungspflicht keinen einzigen oder nicht ausreichend viele schwerbehinderte Menschen beschäftigen (§ 154 Abs. 1 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX)), erhöht sich die zu entrichtende Ausgleichsabgabe gestaffelt nach Unternehmensgröße zum 1. Januar 2024. Bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 0 Prozent beträgt die Ausgleichsabgabe für Unternehmen mit mindestens 60 Beschäftigten je unbesetztem Arbeitsplatz 720 Euro. Zuvor betrug die Ausgleichsabgabe 320 Euro bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von unter 2 Prozent. Erstmals zu entrichten ist die erhöhte Ausgleichsabgabe zum 31. März 2025, wenn die Ausgleichsabgabe für das Jahr 2024 fällig wird. Die bisherige Bußgeldvorschrift bei Verstoß gegen die Beschäftigungspflicht wird im Gegenzug aufgehoben.
Die Bundesregierung hat am 1. November 2023 einen Regierungsentwurf eines „Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes“ verabschiedet, welcher Neuerungen bezüglich der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern vorsieht. Mit diesem werden die Vorschläge der vom BMAS eingesetzten Expertenkommission „Rechtssicherheit in der Betriebsratsvergütung“ in Form von Ergänzungen in § 37 Abs. 4 und § 78 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) übernommen. Mitte Dezember hat der Bundesrat erstmals über den Gesetzentwurf beraten.
Durch präzisere gesetzliche Regelungen soll das Risiko von Verstößen gegen das betriebsverfassungsrechtliche Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot reduziert werden. So soll klargestellt werden, dass zur Bestimmung der mit dem Betriebsratsmitglied vergleichbaren Arbeitnehmer*innen (Vergleichsgruppe) grundsätzlich der Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamtes maßgeblich ist (§ 37 Abs. 4 S. 3 BetrVG-E). „Hypothetische Karriereverläufe“ bzw. „fiktive Beförderungsansprüche“ haben zukünftig unberücksichtigt zu bleiben. Gleichwohl soll bei Vorliegen eines sachlichen Grundes eine (spätere) Neubestimmung der Vergleichsgruppe möglich sein.
Das Verfahren zur Festlegung der Vergleichsgruppe soll in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden können (§ 37 Abs. 4 S. 4 BetrVG-E). Konkrete Kriterien zur Bestimmung der jeweiligen Vergleichsvorgaben werden allerdings nicht vorgegeben. Eine Orientierung an den bisherigen gesetzlichen Vorgaben und deren Ausgestaltung durch die Rechtsprechung soll genügen. Die gerichtliche Kontrolle ist dann auf grobe Fehlerhaftigkeit beschränkt (§ 37 Abs. 4 S. 5 BetrVG-E). Dies gilt gleichermaßen für die spätere Festlegung der konkreten Vergleichspersonen durch die Betriebsparteien, wenn diese in Textform festgehalten wird.
Ein Verstoß gegen das Begünstigungs- bzw. Benachteiligungsverbot soll nicht vorliegen, wenn das Betriebsratsmitglied in seiner Person die für die Gewährung des Arbeitsentgelts erforderlichen betrieblichen Anforderungen und Kriterien erfüllt und die Festlegung nicht ermessensfehlerhaft erfolgt (§ 78 S. 3 BetrVG-E). Der bloße Zuwachs an Kompetenzen, Kenntnissen und Fähigkeiten während der Ausübung des Betriebsratsamts begründet für sich alleine ohne Bezug zu einer konkreten Stelle im Betrieb und deren Anforderungsprofil dagegen keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung.
Eine erste Einschätzung des Entwurfs können Sie auch hier nachlesen.
Im April 2023 haben das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ein Eckpunktepapier mit Vorschlägen zur Überarbeitung des derzeit geltenden Beschäftigtendatenschutzes vorgelegt, welche bis zum 4. Quartal 2023 in einem entsprechenden Referentenentwurf münden sollten. Bislang liegt dieser aber noch nicht vor. Die Zunahme der Digitalisierung in allen Arbeitsbereichen sowie das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 30. März 2023 (C-34/21), mit dem dieser im Ergebnis die zentrale Generalklausel des deutschen Beschäftigtendatenschutzes (§ 26 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)) für europarechtswidrig erklärt hat, forcieren jedoch den Handlungsbedarf des Gesetzgebers.
Folgt der Referentenentwurf den Vorschlägen des Eckpunktepapiers ist mit einem weit gefassten Anwendungsbereich des Beschäftigtendatenschutzgesetzes zurechnen, in den auch solo-selbständige Plattformtätige einbezogen werden.
Vorgesehen sind ebenfalls neue Regelungen zur Kontrolle und Überwachung von Beschäftigten. Maßnahmen einer dauerhaften Überwachung sollen nur ausnahmsweise unter engen Voraussetzungen zulässig sein, wenn sie wichtigen Einsatzzwecken dienen, etwa der Sicherheit der Beschäftigten oder dem Arbeitsschutz. Verdeckte Überwachungsmaßnahmen sollen nur zulässig sein, sofern es keine andere Möglichkeit gibt, den konkreten Verdacht einer Straftat im Betrieb aufzuklären. Für offene Überwachungsmaßnahmen (z.B. gezielte Videoüberwachung oder Ortung von Beschäftigten) sollen klare Bedingungen vorgeben werden.
Im Hinblick auf den Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) sollen unter Berücksichtigung der europäischen KI-Verordnung Regelungen für typische Datenverarbeitungsvorgänge im Beschäftigungskontext vorgesehen werden, welche auf KI-Anwendungen bzw. deren Algorithmen basieren.
Auch soll das bereits durch die Rechtsprechung umfänglich geformte Fragerecht von Arbeitgebern in Bewerbungsgesprächen einen rechtlichen Rahmen erhalten.
Zudem sollen Regeln aufgestellt werden, wann Arbeitgeber ausnahmsweise besonders sensible Informationen über ihre Beschäftigten (z.B. religiöse Überzeugung, Gesundheitszustand) verarbeiten dürfen. Gleiches gilt für die Datenverarbeitung im Beschäftigungsverhältnis im Allgemeinen sowie in Konzernen.
Darüber hinaus werden die Anforderungen an die Freiwilligkeit der Einwilligung im Beschäftigungskontext weiter konkretisiert.
Die durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vorgegebenen Betroffenenrechte sollen um die Besonderheiten im Beschäftigungsverhältnis ergänzt werden. Beispielhaft wird in den Eckpunkten hierfür die Löschpflicht in Bezug auf Bewerberdaten genannt.
Für die betriebliche Nutzung privater Endgeräte („Bring-Your-Own-Device“ – BYOD) soll mehr Rechtsklarheit geschaffen werden. Wie diese konkret ausgestaltet sein wird, lässt das Eckpunktepapier offen.
In einem letzten Punkt soll das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) auf eine evtl. erforderliche Anpassung an die fortschreitende Digitalisierung geprüft werden. Zu dieser Prüfung zählt auch, ob und inwieweit über die geltende Rechtslage hinaus gesetzliche Klarstellungen und Konkretisierungen für Kollektivvereinbarungen als Regelung für die Datenverarbeitung im Beschäftigungskontext möglich sind.
Ende August hat das Bundeskabinett die vom Bundesminister der Justiz vorgelegten Eckpunkte für ein (weiteres) Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) beschlossen. Auch hier steht ein konkreter Gesetzentwurf noch aus. Bekannt ist bislang, dass im Nachweisgesetz (NachwG) eine Regelung geschaffen werden soll, wonach wie bereits bisher bei schriftlichen Arbeitsverträgen die Verpflichtung des Arbeitgebers, einen Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen zu erteilen, entfällt, wenn und soweit ein Arbeitsvertrag in einer die Schriftform ersetzenden gesetzlichen elektronischen Form geschlossen wurde. Entsprechendes soll für in elektronischer Form geschlossene Änderungsverträge bei Änderungen wesentlicher Vertragsbedingungen gelten. Davon ausgenommen werden sollen die Wirtschaftsbereiche und -zweige nach § 2a Abs. 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG).
Zudem soll die elektronische Form im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) die Regelform werden. Deshalb sollen zahlreiche Schriftformerfordernisse soweit wie möglich aufgehoben werden. Für die Regelung zur Erteilung von Arbeitszeugnissen in § 630 BGB soll ebenfalls die elektronische Form ermöglicht werden.
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) sollen mit dem Ziel angepasst werden, dass die jeweiligen Aushangpflichten durch den Arbeitgeber auch dann erfüllt werden, wenn dieser die geforderten Informationen über die im Betrieb oder in der Dienststelle übliche Informations- und Kommunikationstechnik (etwa das Intranet) elektronisch zur Verfügung stellt, sofern alle Beschäftigten freien Zugang zu den Informationen haben.
Letztlich soll auch das Schriftformerfordernis im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für Anträge auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ablehnung sowie die Geltendmachung des Anspruchs auf Elternzeit durch die Textform ersetzt werden.
Durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung sollen Fachkräfte zukünftig schneller und unbürokratischer in Deutschland arbeiten können. Das Gesetz besteht aus mehreren Teilen, die bereits zum 18. November 2023 in Kraft getreten sind bzw. im Laufe 2024 in Kraft treten werden.
Zu den Neuerungen, die bereits seit Ende November 2023 gelten, zählen insbesondere die Absenkung der Gehaltsschwellen für die Blaue Karte EU in Regel- und Engpassberufen sowie die Erweiterung des begünstigten Personenkreises. Das Mindestgehalt beträgt nunmehr 45,3 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (im Jahr 2024: 41.041,80 Euro (West)) für Engpassberufe und Berufsanfänger*innen sowie 50 % (im Jahr 2024: 45.300 Euro (West)) für alle anderen Berufe. Ferner können ausländische Akademiker*innen eine Blaue Karte EU erhalten, wenn sie innerhalb der letzten drei Jahre einen Hochschulabschluss erworben haben und die o.g. Mindestgehaltsgrenzen eingehalten werden. Dies gilt sowohl für Engpass- als auch Regelberufe. IT-Spezialist*innen können eine Blaue Karte EU auch ohne Hochschulabschluss erhalten, wenn sie mindestens drei Jahre vergleichbare Berufserfahrung nachweisen können. Darüber hinaus wurde die Liste der sog. Engpassberufe ausgeweitet.
Fachkräfte mit Berufsausbildung (§ 18a Aufenthaltsgesetz (AufenthG)) und akademischer Ausbildung (§ 18b AufenthG) haben nunmehr einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, wenn sie hierfür alle gesetzlich geregelten Voraussetzungen erfüllen. Auch wird auf die bislang erforderliche Verbindung zwischen Qualifikation und Beschäftigung verzichtet. D.h., wer eine qualifizierte Berufsausbildung oder einen Hochschulabschluss vorweisen kann, ist bei der Jobsuche nicht mehr auf mit der erworbenen Ausbildung verbundene Beschäftigungen beschränkt. Für reglementierte Berufe bleiben Ausnahmen bestehen.
Ab März 2024 treten weitere Neuregelungen für Aufenthalte zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikation in Kraft. Wesentlichste Neuerung ist dabei die Einreise und Beschäftigung im Rahmen einer sog. Anerkennungspartnerschaft. Für die Visumerteilung müssen die (angehende) Fachkraft und der Arbeitgeber sich verpflichten nach Einreise die Anerkennung zu beantragen und das Verfahren aktiv zu betreiben. Neben einem Arbeitsvertrag, einer im Ausbildungsstaat staatlich anerkannten Berufsqualifikation mit mindestens zweijähriger Ausbildung oder einem Hochschulabschluss müssen deutsche Sprachkenntnisse (Niveau A2) nachgewiesen werden. Die Aufenthaltserlaubnis soll zunächst für ein Jahr erteilt und bis auf drei Jahre verlängert werden können.
Die Sonderregelung zur Beschäftigung von Personen „mit ausgeprägter berufspraktischer Erfahrung“ gilt ab März 2024 für alle nicht-reglementierten Berufe in allen Branchen. Für IT-Spezialist*innen wird zudem die erforderliche einschlägige Berufserfahrung von drei auf zwei Jahre herabgesetzt. Auch müssen für die Visumserteilung keine Sprachkenntnisse mehr nachgewiesen werden.
Ausländische Fachkräfte können zukünftig schneller eine Niederlassungserlaubnis erhalten. Verfügen sie bereits über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18a, § 18b, § 18d oder §18g AufenthG, haben aber keine inländische Berufsausbildung oder ein Studium in Deutschland absolviert, erhalten sie statt nach bisher vier bereits nach drei Jahren die Niederlassungserlaubnis. Absolvent*innen einer Berufsausbildung oder eines Studiums in Deutschland können diese bereits nach zwei Jahren erlangen. Inhaber*innen einer Blauen Karte EU können eine Niederlassungserlaubnis nach 27 Monaten erhalten, bei ausreichenden Deutschkenntnissen (Niveau B1) sogar nach 21 Monaten.
Mit der sog. kontingentierten Beschäftigung wird ab März 2024 eine neue Möglichkeit für die kurzzeitige, qualifikationsunabhängige Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen eingeführt. Die Bundesagentur für Arbeit erhält dadurch die Möglichkeit ein bedarfsorientiertes Kontingent für bestimmte Wirtschaftszweige oder Berufsgruppen festzulegen. Damit sollen Engpässe in Spitzenzeiten z. B. im Hotel- und Gaststättengewerbe oder beim Bodenpersonal an Flughäfen abgefedert werden. Die Regelung ist nicht auf die Tätigkeitsfelder der reinen Saisonbeschäftigung beschränkt. Beide Regelungen gelten zukünftig nebeneinander. Voraussetzung für die Erteilung einer Arbeitserlaubnis oder einer Zustimmung zu einem Aufenthaltstitel für Arbeitskräfte aus einem Drittstaat ist die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers und die Beschäftigung der Arbeitskräfte nach den geltenden tariflichen Arbeitsbedingungen. Zudem muss sich der Arbeitgeber dazu verpflichtet, die erforderlichen Reisekosten vollständig zu übernehmen. Die geplante Beschäftigung darf acht Monate innerhalb von 12 Monaten nicht überschreiten und die wöchentliche Arbeitszeit muss mindestens 30 Stunden betragen.
Mit der sog. Chancenkarte werden ab Juni 2024 weitere Erleichterungen für den Arbeitsmarktzugang von Drittstaatsangehörigen geschaffen. Verfügen diese über eine gleichwertige bzw. anerkannte ausländische Qualifikation und gelten damit als „Fachkräfte“ (vgl. § 18 Abs. 3 AufenthG), können sie die Chancenkarte ohne weitere besondere Voraussetzungen erhalten. Ansonsten muss ein ausländischer Hochschulabschluss, ein im Ausbildungsstaat staatlich anerkannter, mindestens zweijähriger Berufsabschluss oder ein von einer deutschen Auslandshandelskammer erteilter Berufsabschluss nachgewiesen werden. Zusätzlich sind einfache deutsche oder englische Sprachkenntnisse nachzuweisen. Die Chancenkarte wird zunächst für maximal ein Jahr erteilt, wenn der Lebensunterhalt für diese Zeit gesichert werden kann. Eine Verlängerung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Ab Juni 2024 wird auch die bisher geltende Westbalkanregelung gelockert (§ 26 Abs. 2 Beschäftigungsverordnung (BeschV)). Staatsangehörige von Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien erhalten dann für jede Beschäftigungsart in nicht-reglementierten Berufen einen Arbeitsmarktzugang in Deutschland. Das Kontingent beträgt jährlich 50.000 Zustimmungen der Bundesagentur für Arbeit.
Im April 2023 verkündete die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die geplante Einführung einer zehntägigen bezahlten Freistellung für Väter oder gleichgestellte Elternteile, die sog. Familienstartzeit, welche eigentlich bereits zum Jahresbeginn 2024 in Kraft treten sollte. Doch auch dieses Vorhaben ist in den Hintergrund gerückt. Der Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Einführung eines Freistellungsanspruchs für den Partner oder die Partnerin nach der Entbindung und zur Änderung anderer Gesetze im Bereich der familienbezogenen Leistungen (Familienstartzeit-Gesetz)“ befindet sich derzeit ohne einen festgelegten Beratungstermin auf der Kabinettssitzungsplanung für Januar 2024.
Die geplante Familienstartzeit basiert auf den Vorgaben der im Juni 2019 in Kraft getretenen „EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige“, welche bereits bis zum 2. August 2022 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen.
Der Referentenentwurf zur Einführung einer Familienstartzeit sieht insbesondere eine Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen vor, damit Eltern frühzeitig eine partnerschaftliche Aufgabenteilung bei der Kindesbetreuung ermöglicht wird. So soll für Partner*innen nach der Geburt eines Kindes ein bezahlter Freistellungsanspruch für zehn Arbeitstage eingeführt werden, ohne dass dafür Urlaub oder Elternzeit in Anspruch genommen werden müssen (§ 25a MuSchG-E). Anspruchsberechtigt soll entweder der andere Elternteil oder eine von der Mutter benannte Person sein, sofern der andere Elternteil nicht mit der Mutter in einem Haushalt lebt. Allerdings ist auch hier – wie bei der Zeit der Mutterschutzfrist – eine Anrechnung der Freistellungszeit auf den Elternzeitanspruch vorgesehen (§ 15 BEEG-E). In Orientierung an den bestehenden Mutterschaftsleistungen soll der andere Elternteil vom Arbeitgeber Partnerschaftslohn in Höhe des durchschnittlichen Arbeitsentgelts der letzten drei Kalendermonate erhalten. Auch dieser soll, sofern ein Anspruch besteht, auf das Elterngeld angerechnet werden (§ 3 BEEG-E).
Seit 17. Dezember 2023 gilt das Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) auch für Unternehmen mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten. Bis zu diesem Zeitpunkt mussten die internen Meldestellen eingerichtet und betrieben werden (§§ 12 Abs. 1 S.1, Abs. 2, 42 Abs. 1 HinSchG). Verstöße können als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von bis zu 20.000 Euro geahndet werden.
Für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten galt das Gesetz bereits ab dem 2. Juli 2023. Diese Unternehmen hatten eine Übergangsfrist bis zum 1. Dezember 2023, um die internen Meldestellen einzurichten und zu betreiben.
Mit dem Pflegestudium-Stärkungsgesetz (PflStudStG) steigt zum 1. Januar 2024 der Anspruch auf Kinderkrankengeld von bislang 10 auf 15 Arbeitstage pro Kind und Elternteil bzw. von bisher 20 auf 30 Arbeitstage für Alleinerziehende. Die aufgrund der Corona-Pandemie für das Jahr 2023 geschaffene Ausnahmeregelung wurde nicht fortgeführt. Danach betrug der Anspruch auf Kinderkrankentagegeld 30 Tage pro Kind und Elternteil bzw. 60 Tage für Alleinerziehende.
Bereits seit dem 7. Dezember 2023 besteht für Arbeitnehmer*innen wieder die Möglichkeit einer telefonischen Krankschreibung. Seit dem 18. Dezember 2023 ist dies nun auch für Kinder möglich, wenn sie Betreuung benötigen. Voraussetzung dafür ist und bleibt in beiden Fällen, dass die Patient*innen der Arztpraxis bekannt sind und keine schweren Krankheitssymptome vorliegen.
Zudem haben Eltern nun auch einen Anspruch auf Kinderkrankengeld, wenn und solange die Mitaufnahme eines Elternteils bei stationärer Behandlung des versicherten Kindes aus medizinischen Gründen notwendig ist (§ 45 Abs. 1a SGB V). Bis zur Vollendung des 9. Lebensjahres des versicherten Kindes wird von der Notwendigkeit der Mitaufnahme einer Begleitperson aus medizinischen Gründen unwiderleglich ausgegangen. Bis zu dieser Altersgrenze bedarf es daher keiner gesonderten Bescheinigung. Der neue Anspruch auf Kinderkrankengeld lässt den (bisherigen) Anspruch auf Kinderkrankengeld nach § 45 Abs. 1 SGB V unberührt; insbesondere werden die im Rahmen des unbegrenzten Anspruchs nach § 45 Abs. 1a SGB V verwendeten Kinderkrankentage nicht auf die begrenzte Anzahl von Kinderkrankentagen nach § 45 Abs. 1 SGB V angerechnet.
Bereits zum 1. Januar 2023 mussten Unternehmen mit mindestens 3.000 inländischen Beschäftigten ein Risikomanagement zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten in der Lieferkette nach dem sog. Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) einrichten sowie ein entsprechendes Beschwerdeverfahren vorhalten und Personen zur Überwachung dieser Maßnahmen bestimmen. Ab dem 1. Januar 2024 gelten diese Pflichten auch für Unternehmen mit mindestens 1.000 im Inland beschäftigten Arbeitnehmern. Die Sorgfaltspflichten umfassen ein breites Spektrum des Arbeitsumfelds von der Einhaltung arbeitszeitrechtlicher Vorgaben über Diskriminierungsverbote bis hin zur Gewährleistung einer „gerechten“ Entlohnung.
Im Zuge der Mitte Dezember 2023 erfolgten Einigung auf ein „EU-Lieferkettengesetz“ (eigentlich: Richtlinie zur nachhaltigen Unternehmensführung) wird Deutschland seine bisherigen Regelungen allerdings nochmals nachschärfen müssen.
Der gesetzliche Mindestlohn wird zum 1. Januar 2024 zunächst auf 12,41 Euro brutto je Zeitstunde angehoben und steigt in einem weiteren Schritt zum 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro brutto je Zeitstunde.
Mit der Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Januar 2024 steigt auch die Verdienstgrenze für Minijobs von derzeit 520 Euro auf 538 Euro; die Jahresverdienstgrenze erhöht sich entsprechend auf 6.456 Euro. Der Übergangsbereich zum Midijob beginnt damit ab 1. Januar 2024 bei 538,01 Euro. Die obere Verdienstgrenze für Midijobs bleibt unverändert bei 2.000 Euro. Zudem entfällt für Midijobs zum 31. Dezember 2023 die Übergangsregelung zur besonderen Beitragsberechnung in der Sozialversicherung ersatzlos, welche aufgrund der am 1. Oktober 2022 angehobenen Verdienstgrenzen für Mini- und Midijobs eingeführt wurde. Versicherungspflichtige Beschäftigungen, die bereits am 30. September 2022 bestanden, wären vom 1. Oktober 2022 an grundsätzlich versicherungsfrei gewesen, sofern die Vergütung zwischen 450,01 Euro und 520 Euro gelegen hätte. Durch die Übergangsregelung galt die Versicherungspflicht fort. Betroffene Arbeitnehmer hatten aber die Möglichkeit, sich auf Antrag von der Versicherungspflicht befreien zu lassen. Diese Möglichkeit fällt zum Jahresende nunmehr weg.
Mit Verabschiedung des Zukunftsfinanzierungsgesetzes Mitte November 2023 wird für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung und die Aktie als Vermögensanlage der Steuerfreibetrag für Arbeitnehmer von derzeit 1.440 EUR auf 2.000 EUR angehoben (§ 3 Nr. 39 Einkommensteuergesetz (EStG)).
Daneben gibt es auch eine Verbesserung der Förderung der Mitarbeiterbeteiligung bei Start-ups. Hier sollen sog. vinkulierte Anteile, die fast ausschließlich als Mitarbeiterkapitalbeteiligung bei Start-ups gewährt werden, von der sofortigen Besteuerung ausgenommen und diese bis zur Veräußerung aufgeschoben werden (§ 19a Abs. 1 S. 3 EStG), wenn der Arbeitgeber bereit ist, die Haftung für die anfallende Lohnsteuer zu übernehmen. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer der aufgeschobenen Besteuerung zustimmen. Die Regelung zu den vinkulierten Anteilen gilt erstmals für ab dem 1. Januar 2024 übertragene Vermögensbeteiligungen.
Zudem werden die Einkommensgrenzen für die Berechtigung der Arbeitnehmer-Sparzulage auf 40.000 Euro für Ledige und 80.000 Euro für Verheiratete verdoppelt.
Bereits im Oktober 2023 hat das Bundeskabinett eine deutliche Erhöhung der Grenzwerte für die Sozialversicherung beschlossen. Die zugrunde gelegte Lohnentwicklung im Jahr 2022 betrug im Bundesgebiet 4,13 Prozent.
Daraus resultiert beispielsweise, dass die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung in den alten Bundesländern auf 7.550 Euro/Monat (2023: 7.300 Euro/Monat) und in den neuen Bundesländern auf 7.450 Euro/Monat (2023: 7.100 Euro/Monat) steigt.
Die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (Jahresarbeitsentgeltgrenze) erhöht sich für das Jahr 2024 auf 69.300 Euro (2023: 66.600 Euro) und die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung ist dann 62.100 Euro jährlich (2023: 59.850 Euro) bzw. 5.175 Euro monatlich (2023: 4.987,50 Euro).
Die maßgeblichen Grenzwerte für das Jahr 2024 steigen wie folgt:
West |
Ost |
|||
Monat |
Jahr |
Monat |
Jahr |
|
Beitragsbemessungsgrenze |
7.550 € |
90.600 € |
7.450 € |
89.400 € |
Beitragsbemessungsgrenze knappschaftliche Rentenversicherung |
9.300 € |
111.600 € |
9.200 € |
110.400 € |
Beitragsbemessungsgrenze |
7.550 € |
90.600 € |
7.450 € |
89.400 € |
Versicherungspflichtgrenze |
5.775 € |
69.300 € |
5.775 € |
69.300 € |
Beitragsbemessungsgrenze |
5.175 € |
62.100 € |
5.175 € |
62.100 € |
Bezugsgröße in der Sozialversicherung |
3.535 € |
42.420 € |
3.465 € |
41.580 € |
Vorläufiges Durchschnittsentgelt in der Rentenversicherung |
45.358 € |
45.358 € |
||
Endgültiges Durchschnittsentgelt in der Rentenversicherung |
42.053 € |
42.053 € |
Verfasst von Dr. Lars Mohnke und Regina Ragnit-Krack.