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Am 15. Dezember 2021 nahm die Europäische Kommission einen Legislativvorschlag für eine neue EU-Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt an. Durch den Richtlinienvorschlag sollen neue Straftatbestände und schärfere Sanktionen eingeführt werden sowie eine bessere Durchsetzung des Umweltschutzes gewährleistet werden. Die damit verbundenen erheblichen Risiken für Unternehmen zeigen die hohe Relevanz eines wirksamen Compliance-Management-Systems zur Einhaltung von Umweltregelungen.
Im Oktober 2020 veröffentlichte die EU Kommission ihre „Evaluierung der Richtlinie 2008/99/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt“. Darin stellte die Kommission fest, dass die Richtlinie in der Praxis kaum Wirkung gezeigt habe. Die Zahl der Fälle von Umweltkriminalität, in denen erfolgreich ermittelt und verurteilt werden konnte, blieb – so die Kommission – weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau, die verhängten Sanktionen waren oft zu gering, um abschreckend zu wirken und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit war unzureichend. Daher nahm die Kommission am 15. Dezember 2021 einen Legislativvorschlag an, der die bisher existierende Richtlinie ersetzen soll.
Die darin enthaltenen Regelungen zur Verantwortlichkeit von Unternehmen einschließlich einer an den weltweiten Umsatz anknüpfenden Sanktion bedeuten eine erhebliche Verschärfung gegenüber bisherigen Regelungen. Unternehmen sollten diesen Anforderungen begegnen, indem sie ihr Compliance Management System überprüfen und an die aktuellen Herausforderungen anpassen bzw. ein wirksames Compliance Management System mit aktuellen Bausteinen zur Umwelt-Compliance etablieren.
Der Richtlinienvorschlag erweitert Artikel 3 der bestehenden Richtlinie 2008/99/EG um neun weitere Straftatbestände auf insgesamt 18 Umweltstraftaten. Neu hinzu kommen zum Beispiel Strafbarkeiten wegen
Dem Ziel der Definition von Sanktionsarten und -stufen für Umweltkriminalität wird für natürliche Personen in Artikel 5 und für juristische Personen in Artikel 6 und 7 des Richtlinienentwurfs begegnet.
Über die aktuell geltende Richtlinie hinaus definiert Artikel 7 Abs. 2 konkrete Sanktionen, wie beispielsweise
Hinsichtlich zu verhängender Geldstrafen sehen Art. 7 Abs. 4 und 5 vor, dass Straftaten mit Geldstrafen geahndet werden, deren Höchstmaß mindestens 5 % bzw. 3 % des weltweiten Gesamtumsatzes des Unternehmens im Geschäftsjahr vor der Entscheidung zur Verhängung der Geldstrafe beträgt.
Insbesondere die Verantwortlichkeit und die strengen unternehmensbezogenen Sanktionen bedeuten erhebliche Risiken für Unternehmen. Durch die Verschärfung der Sanktionen drohen Geldbuße, deren Höchstmaß mindestens 5 % bzw. 3 % des weltweiten Gesamtumsatzes der juristischen Person im Geschäftsjahr vor der Verurteilung betragen kann. Sanktionen wie ein vorübergehendes oder ständiges Verbot der Ausübung einer Geschäftstätigkeit, die Entziehung von Genehmigungen und Zulassungen oder die vorübergehende oder endgültige Schließung von Einrichtungen sowie die mit einer Verurteilung einhergehenden irreparablen Reputationsschäden könnte Unternehmen noch deutlich empfindlicher treffen.
Hinzu kommen weitere schadensersatzrechtliche Haftungsrisiken, in Form von zivilrechtlichen (Folge-)Prozessen. Derzeit findet eine rege Diskussion statt, welche zivilrechtlichen Folgen Umweltverstöße nach sich ziehen können und wie bestehende Normen hierzu auszulegen bzw. weiterzuentwickeln sind. Dabei sind bei den oben genannten Umweltstraftaten insbesondere Ansprüche gem. § 823 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ("BGB") i.V.m. den überwiegend im deutschen Strafgesetzbuch ("StGB") zu implementierenden bzw. anzupassenden Vorschriften in Umsetzung der Richtlinie denkbar. Voraussetzung wäre, dass die betreffenden Normen als sog. "Schutzgesetze" im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB anzusehen sind. Inwieweit man umweltstrafrechtliche Normen als Schutzgesetze einordnet, wird bislang nicht einheitlich beantwortet. Dagegen wird die traditionelle Verortung der Umweltstraftaten in dem 29. Abschnitt des StGB angeführt, dafür, dass sich Umweltschäden prinzipiell auch auf die Gesundheit jedes Einzelnen auswirken könnten und die Vorschriften teils gesundheits- bzw. sachgüterbezogenen Individualschutz vom Wortlaut her zumindest mitbezwecken. Bis diese Thematik von der Rechtsprechung geklärt ist, besteht hier noch Rechtsunsicherheit. Insoweit drohen auch aus dieser Richtung erhebliche Haftungsrisiken für Unternehmen.
Dieser Richtlinienentwurf zeigt – insbesondere auch im Zusammenspiel mit den gesteigerten Anforderungen im Rahmen der ESG-Compliance – die Relevanz eines wirksamen Compliance-Management-Systems zur Einhaltung von Umweltregelungen.
Für Unternehmen gilt es, die erheblichen Risiken einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit sowie einer zivilrechtlichen Inanspruchnahme und die damit verbundenen Reputationsschäden bereits im Vorfeld zu vermeiden. Eine kontinuierliche Überprüfung und Überarbeitung des Compliance-Management-Systems anhand der aktuellen und künftigen Anforderungen der Umwelt-Compliance ist hierfür unerlässlich. Dies liegt nicht zuletzt auch im eigenen Interesse der Geschäftsführung zur Vermeidung persönlicher Haftungsrisiken.
Verfasst von Christian Ritz, Sebastian Gräler, Nicole Böck und Carla Wiedeck