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Trademark Insight. Mit diesem neuen Format informieren wir Sie zukünftig in regelmäßigen Abständen über aktuelle markenrechtliche Entscheidungen deutscher Gerichte, des EUIPO sowie der Unionsgerichte. Es handelt sich dabei jeweils um eine rein subjektive Zusammenstellung von Entscheidungen, die aus unserer Sicht interessant und/oder relevant sind.
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, Ihnen die erste Ausgabe des Trademark Insight vorzustellen. Mit diesem neuen Format werden wir Sie zukünftig in regelmäßigen Abständen über aktuelle markenrechtliche Entscheidungen deutscher Gerichte, des EUIPO sowie der Unionsgerichte informieren. Es handelt sich dabei jeweils um eine rein subjektive Zusammenstellung von Entscheidungen, die aus unserer Sicht interessant und/oder relevant sind.
In bewusster Abgrenzung zu zahlreichen bereits existierenden Angeboten möchten wir uns jeweils auf eine knappe Zusammenfassung der Entscheidungen und ihrer tragenden Erwägungen konzentrieren und hoffen, Ihnen damit einen hilfreichen Überblick über die markenrechtliche Rechtsprechungspraxis zu verschaffen.
Wir wünschen Ihnen eine nützliche Lektüre freuen uns natürlich über Feedback und Anregungen per E-Mail an trademark.insight@hoganlovells.com.
Herzliche Grüße
Thorsten Klinger und Dr. Andreas Renck
Die REV Ritter GmbH meldete 2018 beim DPMA die unten dargestellte Farbkombination als Bildmarke für elektrische Verlängerungskabel in Klasse 9 an, wobei die Farben in der Anmeldung als Pantone 165C und 421C beschrieben wurden. Laut Beschreibung sei außerdem „das Kabel der Ware durch zwei Streifen in den Farben Orange und Hellgrau in Längsrichtung gestreift, wobei der hellgraue und der orange Streifen jeweils die Hälfte des Umfangs des Kabels einnehmen“. Die Markenstelle wies die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurück, da die beanspruchten Elektrokabel – wie alle Stromkabel – aus mehreren Kupferadern bestünden, die einzeln isoliert seien. Die verschiedenfarbigen Isolationsschichten hälfen dem Verbraucher, sie entsprechend ihrer Funktion zu differenzieren, sodass der Verkehr der Farbkombination in Bezug auf die beanspruchten Waren lediglich eine technische Funktion beimesse. Auch die Vielfalt möglicher Farbkombinationen führe dazu, dass der Verkehr das Anmeldezeichen nicht als Herkunftshinweis wahrnehme.
Hiergegen richtete sich die Anmelderin mit einer Beschwerde vor dem BPatG, in der sie geltend machte, dass das Warenverzeichnis lediglich ganz spezifische Waren erfasse, die auf den Spannungsbereich von Haushaltsstrom begrenzt seien und somit den Durchschnittsverbraucher ansprächen. Weiter sei zwar zutreffend, dass zweifarbige, längsseitig verlaufende Streifen für die innen im Kabel laufenden Adern zur Funktionsunterscheidung gebräuchlich seien, allerdings nicht für die hier gegenständliche äußere Kabelhülle. Aus diesem Grund fehle es auch an einem Freihaltebedürfnis.
Die Beschwerde war erfolgreich. Bei einer Aufmachungsfarbkombinationsmarke stellten sich – im Gegensatz zur abstrakten Farbmarke – keine Bestimmtheits- und Darstellbarkeitsschwierigkeiten, da die farbliche Aufmachung für einen konkreten Gegenstand festgelegt sei. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer farbigen Warenaufmachung sei zu berücksichtigen, dass der Verkehr nicht daran gewöhnt ist, allein aus der Farbe von Waren oder ihrer Verpackung auf die Warenherkunft zu schließen, da eine Farbe im Handel grundsätzlich nicht als Mittel der Identifizierung verwendet wird. Dies sei lediglich im Ausnahmefall und unter außergewöhnlichen Umständen möglich, nämlich auf einem spezifischen, eng begrenzten Warenbereich, da eine Verkehrsgewöhnung an Farben als Kennzeichnungsmittel lediglich auf einem spezifischen Markt erfolgen könne. Aufgrund der vorliegenden besonderen Umstände rechtfertige sich die Annahme, dass die Farbkombination originäre Unterscheidungskraft besitze. Solche Umstände lägen insbesondere in der sehr spezifischen Begrenzung des Warenverzeichnisses auf Kabel für Haushaltsstrom. Auch spreche die Anzahl der bloß ca. 27 inländischen Hersteller von Elektroinstallationsartikeln, von denen nicht alle auch Kabel produzierten, für einen kleinen Markt und somit für die Anmelderin.
Für die beanspruchten spezifischen Waren könne Farben grundsätzlich keine dekorative, keine beschreibende und insbesondere keine technisch-funktionale Funktion zukommen. Etwaige Farbcodes für innenliegende Adern eines Kabels und deren etwaige technisch-funktonale Wirkung seien hier unerheblich, da das Anmeldezeichen Verlängerungskabel beanspruche, die der Verkehr ausschließlich mit ihrer Außenummantelung wahrnehme. Eine technisch bedingte Farbgebung für Haushaltsstromkabel sei bislang nicht üblich.
Insgesamt weiche die Marke für die beanspruchten Waren durch ihre Zweifarbigkeit von den verkehrsüblichen Farbgestaltungen ab und könne vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst werden.
(BPatG, Beschl. v. 23.6.2022, 30 W (pat) 517/20)
Die Tigercat International Ltd. meldete im Jahr 2013 das Zeichen „Tigercat“ beim EUIPO als Unionswortmarke für Spezialisierte, kraftbetriebene Forstmaschinen, nämlich speziell angefertigte Baumstammbündler mit Allradantrieb und Raupenantrieb, Holzlademaschinen, Skidder und andere Geräte für die Forstwirtschaft, nämlich Bündelsägen, Bündelscheren und Teile davon in Klasse 7 an. Hiergegen erhob die Caterpillar Inc. Widerspruch wegen Verwechslungsgefahr mit ihrem unten dargestellten, prioritätsälteren Unionsmarke „CAT“, sowie der prioritätsälteren Unionswortmarke „CAT“, jeweils geschützt für Forstmaschinen in Klasse 7. Die Widersprechende berief sich überdies auf Rufausbeutung.
Die Widerspruchsabteilung gab dem Widerspruch vollumfänglich statt, wogegen die Anmelderin erfolglos Beschwerde einlegte. Gegen die ablehnende Entscheidung der Beschwerdekammer klagte die Anmelderin vor dem EuG.
Das EuG entschied nun im Sinne der durch uns vertretenen Widersprechenden (Andreas Renck und Sarka Petivlasova) und erkannte ebenfalls eine Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen. Es sei neben dem ohnehin überdurchschnittlich aufmerksamen Fachverkehr auch eine erhöhte Aufmerksamkeit des allgemeinen Verkehrs zu erkennen, was jedoch nicht bedeute, dass das Zeichen minutiös analysiert werde. Auch das aufmerksame Publikum sei auf seine teilweise unvollkommene Erinnerung angewiesen.
Unter Berücksichtigung der bestehenden Warenidentität sei hier von einer Verwechslungsgefahr auszugehen. Das Anmeldezeichen werde von den maßgeblichen Verkehrskreisen in die beiden Wortbestandteile „Tiger“ und „cat“ zersetzt. Der Zeichenbestandteil „Tiger“ sei im Gesamtzeichen – trotz der Stellung am Zeichenbeginn – nicht dominant. Entgegen dem Vorbringen der Anmelderin, wonach vordergründig der in vielen älteren Marken der Widersprechenden vorkommenden Zeichenbestandteil des gelben Dreiecks als besonders kennzeichnungskräftig anzuerkennen sei, habe in der älteren Marke tatsächlich der Wortbestandteil eine höhere Kennzeichnungskraft als die grafischen Elemente, da der Verkehr bei einer Bezugnahme auf das Zeichen dessen Wortbestandteil benutzen würde. Daran ändere auch nichts, dass das Gericht zuvor festgestellt habe, dass die grafische Anordnung eine gewisse Originalität aufweise. Die grafischen Elemente seien im Wesentlichen dekorativ und hätten auf die Gesamtwahrnehmung lediglich einen begrenzten Einfluss.
Die Zeichen stimmten bildlich wie klanglich in dem Zeichenbestandteil „cat“ bzw. „CAT“ überein, unterschieden sich jedoch in dem vorangehenden Zeichenbestandteil „Tiger“ (sowie der grafischen Ausgestaltung), sodass eine (mindestens) durchschnittliche Ähnlichkeit vorliege. In begrifflicher Hinsicht sei nicht maßgeblich, ob der Verkehr in dem Zeichenbestandteil „cat“ nun die Bezugnahme auf die Hauskatze oder auf die Abkürzung für „caterpillar“ (= englisch für „Raupe“) erkenne, was wiederum eine Bezugnahme auf die Antriebstechnik darstelle. Dass der Wortbestandteil der Widerspruchsmarke als Abkürzung des Unternehmensnamens „Caterpillar“ wahrgenommen werden könne, sei bei der vorliegenden Untersuchung unerheblich, da es lediglich auf die registermäßige Eintragungsform ankomme. In jedem Fall bestehe zwischen den Zeichen eine überdurchschnittliche begriffliche Ähnlichkeit. Es sei ferner die Bekanntheit der Widerspruchsmarke – zwar nicht für Forstmaschinen aber doch für solche Maschinen, die auch bei Forstarbeiten verwendet werden können – bereits in diversen EUIPO-Verfahren nachgewiesen worden, woraus auch eine Bekanntheit der älteren Marke für Forstmaschinen geschlossen wurde. Eine Gesamtbetrachtung ergebe deshalb vorliegend eine Verwechslungsgefahr.
Eine solche werde auch nicht durch eine friedliche Koexistenz der Zeichen beseitigt. Immerhin bedürfte es hierfür einer gleichzeitigen Benutzung beider Zeichen in der EU von einer gewissen Dauer, die die Anmelderin als beweispflichtige Partei nicht habe nachweisen können. Eine solche friedliche Koexistenz müsse ferner auch beim Verkehr dazu geführt haben, dass dieser die hinter den beiden Marken stehenden Unternehmen problemlos voneinander unterscheiden könne, sodass keine Verwechslungsgefahr bestehe. Auch ein solcher Nachweis sei der Anmelderin nicht gelungen.
(EuG, Urt. v. 13.7.2022, T-251/21)
Die Diesel S.p.A. ist Inhaberin der Unionswortmarke „JOGGJEANS“, geschützt in Klasse 25 für (Kinder-) Bekleidung, Gürtel, Badebekleidung, Krawatten, Handschuhe, Unterwäsche, Pyjamas, Nachwäsche, Kniestrümpfe, Schuhwaren und Kopfbedeckungen. Hiergegen stellten die Lidl Stiftung & Co. KG gemeinsam mit der Lidl Digital International GmbH & Co. KG einen Nichtigkeitsantrag wegen beschreibenden Charakters, fehlender Unterscheidungskraft, gebräuchlicher Bezeichnung, rein technischer Funktion und Irreführung.
Die Nichtigkeitsabteilung des EUIPO gab dem Antrag in Bezug auf (Kinder-) Bekleidung und Gürtel statt und wies ihn im Übrigen zurück. Dem von der Markeninhaberin geltend gemachten Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit vor dem Hintergrund, dass eine Löschungsantragstellerin selbst Inhaberin einer vergleichbaren Marke „JOGGJEANS“ sei, hielt die Nichtigkeitsabteilung entgegen, dass es für einen Nichtigkeitsantrag wegen absoluter Schutzhindernisse nicht auf Rechte Dritter ankomme. Absolute Schutzhindernisse dienten dem Schutz von Allgemeininteressen, sodass unerheblich sei, ob bzw. welche Rechte auf Seiten des Antragstellers bestünden. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten sei nicht zu erkennen.
Die Marke bestehe aus den nach deutschen Grammatikregeln zusammengesetzten Begriffen „JOGG“ und „JEANS“, wobei „JOGG“ als Abkürzung des Wortes „jogging“ und „JEANS“ als Hinweis auf eine Jeanshose zu verstehen seien. Ein beschreibender Charakter liege auch bei einer grammatikalisch inkorrekten bzw. fehlerhaften Schreibweise jedenfalls dann vor, wenn der Verkehr die beschreibende Bedeutung weiterhin erfasse. Das Zeichen „JOGGJEANS“ sei eine einfache Kombination zweier bekannter Begriffe, die für den Verkehr in Bezug auf (Kinder-) Bekleidung beschreibend im Sinne einer zum Joggen geeigneten Jeanshose seien. In Bezug auf Gürtel könne das Zeichen ein Hinweis darauf sein, dass diese für „JOGGJEANS“ konzipiert seien.
Unerheblich sei, ob die Markeninhaberin den Begriff oder das so bezeichnete Produkt erfunden habe. Auch auf eine tatsächliche Benutzung des Zeichens im Verkehr komme es nicht an, da die objektiven Kriterien im Anmeldezeitpunkt zu betrachten seien. Dies gelte auch für das Argument des erheblichen wirtschaftlichen Erfolges, das die Markeninhaberin vorbringt, ohne dabei jedoch eine durch Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft zu beanspruchen.
Hinsichtlich der verbleibenden beanspruchten Waren komme weder das Schutzhindernis beschreibender Angaben, noch einer der sonstigen gelten gemachten Versagungsgründe in Betracht.
(EUIPO, Entsch. v. 3.8.2022, C 47 373)
Die 8 Royality GmbH meldete im Jahr 2013 das unten links dargestellte Zeichen „SILVER HORSE“ beim EUIPO für alkoholfreie Getränke an. Hiergegen erhob die Power Horse Energy Drinks GmbH Widerspruch wegen Verwechslungsgefahr mit der unten rechts abgebildeten Unionserstreckung „POWER HORSE“ für identische Waren. Die Widerspruchsabteilung des EUIPO wies den Widerspruch zurück. Der angesprochene Verkehr zeige eine erhöhte Aufmerksamkeit, da ihm bei Energydrinks die typische Begriffsbildung aus einem englischen Tiernamen und einer Farb- oder Kraftangabe geläufig sei. Da sich zahlreiche Wettbewerber so dem Ruf von „Red Bull“ anzunähern versuchten, besäßen beide Zeichen eine verminderte Kennzeichnungskraft, weshalb die Zeichenunterschiede ausreichend seien.
Die Widersprechende legte Beschwerde ein und rügte u.a. die Ablehnung einer gesteigerten Kennzeichnungskraft. Unter der Marke seien in mehr als 50 Ländern jährlich insgesamt mehr als 100 Millionen Dosen abgesetzt worden. Mehrere große Sportveranstaltungen seien gesponsert worden. Die Marken seien wegen der in weiten Teilen übereinstimmenden Wortbestandteile und des jeweils dominierenden Pferdelementes hinreichend ähnlich.
Die Beschwerde war erfolgreich. Es sei bei Massenkonsumprodukten wie hier von einer durchschnittlichen Aufmerksamkeit auszugehen. Die Widerspruchsmarke beschreibe keine Eigenschaften alkoholfreier Getränke und verfüge über durchschnittliche Kennzeichnungskraft, die auch nicht durch Drittmarken geschwächt werde. Für eine Verkehrsbekanntheit der Drittmarken seien keine hinreichenden Nachweise zu erkennen. Die einzig relevante neben der Widerspruchsmarke bestehende Marke „Flying Horse“ sei alleine nicht im Stande, die Kennzeichnungskraft zu schwächen. Nur eine erheblich größere Anzahl von ähnlichen Drittmarken könne zu einer Schwächung der Kennzeichnungskraft führen, wofür nicht hinreichend vorgetragen wurde.
Im Ergebnis halte die Anmeldemarke den gebotenen Abstand nicht ein. Zwar unterschieden sich die Zeichen durch die unterschiedliche grafische Ausgestaltung und die abweichenden Anfangsworte voneinander, allerdings bestehe dennoch insgesamt eine überdurchschnittliche Ähnlichkeit. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Zeichenähnlichkeit nicht für eine direkte Verwechslungsgefahr genüge, verhindere die Summe der Übereinstimmungen ein sicheres Auseinanderhalten, sodass eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne vorliege.
(BPatG, Beschl. v. 26.7.2022, 26 W (pat) 38/17)
Die NATURAL SOLTER, S.L. meldete im Jahr 2021 das unten links dargestellte Zeichen beim als Unionsbildmarke in den Klassen 3, 5, 35 und 44 an. Das Amt wies die Anmeldung im Jahr 2022 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurück. Es handele sich beim Anmeldezeichen um eine simple geometrische Kreisform, die durch eine gerade Querlinie in zwei Teile unterbrochen werde. Das Zeichen sei nicht einprägsam und werde vom Verkehr nicht als Hinweis auf eine bestimmte betriebliche Herkunft aufgefasst. Hiergegen legte die Anmelderin Beschwerde ein und berief sich darauf, dass das Zeichen vom Verkehr der unten mittig dargestellten Marke der Anmelderin zugeordnet werde und daher ebenfalls Unterscheidungskraft besitze.
Die Beschwerdekammer wies die Beschwerde zurück. Simpelste geometrische Formen seien nicht im Stande, dem Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft zu vermitteln. Dass der Verkehr hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine erhöhte Aufmerksamkeit an den Tag lege, sei für die Bestimmung der Unterscheidungskraft eines Zeichens irrelevant, da das Zeichen unabhängig vom jeweiligen Aufmerksamkeitsgrad im Stande sein müsse, aufgrund des von ihm hervorgerufenen Gesamteindruckes zur Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen zu dienen. Selbst nach eingehender Zeichenanalyse sei das Amt nicht zu dem Schluss gelangt, dass der Verkehr dem Zeichen einen Wiedererkennungswert beimesse. Auch aus den von der Anmelderin vorgelegten Dokumenten zur Benutzung, auch des Anmeldezeichens in Alleinstellung, könne mangels Beanspruchung einer erlangten Unterscheidungskraft nichts anderes gelten.
(EUIPO BoA, Entsch. v. 23.8.2022, R 663/2022-1)
Die Antharis Immobilien und Beteiligungen GmbH meldete das unten links dargestellte Zeichen im Jahr 2019 beim DPMA als Bildmarke für Dienstleistungen der Klassen 35, 36 und 42 an, darunter Werbung, Immobiliendienstleistungen sowie Architektur- und Stadtplanungsdienstleistungen. Hiergegen erhob die Mark Information A/S Widerspruch wegen Verwechslungsgefahr mit ihrer unten rechts dargestellten, prioritätsälteren Unionserstreckung „MARK“, ebenfalls u.a. geschützt in Klassen 35 und 42. Die Markenstelle des DPMA wies den Widerspruch trotz teilweise erkannter Dienstleistungsidentität mangels Zeichenähnlichkeit zurück. Die Widerspruchsmarke werde eindeutig von dem Wortbestandteil „MARK“ dominiert, der bereits für ausreichende Unterschiede zur angegriffenen Marke sorge. Es bestünden allerdings selbst unter Annahme einer Prägung durch die grafischen Elemente hinreichende Unterschiede zwischen den Zeichen.
Hiergegen legte die Widersprechende erfolglos Beschwerde ein. Die Markenstelle habe den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen. Die Widerspruchsmarke verfüge aufgrund des Wortbestandteiles „MARK“ über durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Entgegen der Ausführungen der Widersprechenden verstehe der Verkehr diesen Bestandteil nicht als Hinweis auf einen dem Zeichen zukommenden Markenschutz, was zu einer Steigerung der Kennzeichnungskraft der grafischen Elemente in der Verkehrswahrnehmung geführt hätte. Unabhängig von einem genauen Ergebnis des Dienstleistungsvergleiches unterschieden sich die Vergleichsmarken aufgrund des nur in der Widerspruchsmarke enthaltenen und dieses prägenden Elementes „MARK“ in einer solchen Weise, die eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ausschließe. Auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne unter dem Aspekt des Vorliegens eines Serienzeichens sei bereits deshalb abzulehnen, weil die Widersprechende zur hierfür erforderlichen tatsächlichen Benutzung nicht vorgetragen habe. Auch entstehe kein Eindruck einer wirtschaftlichen oder organisatorischen Verbindung durch identische oder sehr ähnliche Einbindung der Widerspruchsmarke in die Anmeldemarke. Die bloße Übernahme eines Bestandteiles, der hier in den grafischen Elementen liege, genüge nicht. Zwar könne im Einzelfall durchaus auch für die konkrete Ausgestaltung von simplen geometrischen Grundformen Schutz beansprucht werden, allerdings genügten in solchen Fällen bereits geringfügige Abweichungen zur Ablehnung einer Verwechslungsgefahr.
(BPatG, Beschl. v. 19.4.2022, 25 W (pat) 525/21)
In dieser Entscheidung befasste sich die Beschwerdekammer des EUIPO mit der Bösgläubigkeit einer Markenanmeldung wegen rechtsmissbräuchlicher Geschäftspraktiken. Die bereits von der Nichtigkeitsabteilung entschiedene Löschung der Marke „ATHLET“ wurde nun bestätigt.
Das Zeichen „ATHLET“ wurde von einem mit dem selbsternannten „Markenurheber“ Erich A. in Verbindung stehenden Unternehmen angemeldet. Die Geschäftspraxis dieser Unternehmen besteht darin, zahlreiche Marken für breite Waren- und Dienstleistungskategorien in einem EU-Mitgliedstaat anzumelden. Die Amtsgebühren werden binnen der Zahlungsfrist nicht beglichen und das Prozedere wird für dasselbe Zeichen im nächsten Mitgliedstaat wiederholt, bis auf Unionsebene oder in einem Mitgliedstaat ein identisches oder ähnliches Zeichen für ähnliche/identische Waren/Dienstleistungen angemeldet wird. In diesem Fall wird für diese letzte Markenanmeldung die nationale Amtsgebühr gezahlt und dort dadurch eine wirksame Markenanmeldung mit Priorität des Anmeldezeitpunktes erlangt. Diese Priorität wird sodann binnen sechs Monaten für eine Unionsmarkenanmeldung gesichert, um gegen die Drittanmeldung im Widerspruchs- oder Verletzungsverfahren vorzugehen. Teilweise wird dabei auch die eigene, „prioritätsältere“ Marke zum Verkauf oder die Rücknahme der Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gegen Geldzahlung angeboten. Ausführlich mit als rechtsmissbräuchlich anerkannten Geschäftspraktiken befasst sich unser Kollege Benedikt Lüthge hier und hier.
Die beschriebene Praxis schien auch hiesigem Verfahren zugrunde zu liegen. Die Inhaberin der Marke „ATHLET“ nahm aus diesem Zeichen vor dem LG Hamburg die Heuver Bandengroothandel B.V. im einstweiligen Rechtsschutz wegen Benutzung des Zeichens „Athlete Wheels“ auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch. Das 2016 vor dem LG Hamburg und 2017 vor dem OLG Hamburg obsiegende Unternehmen Heuver stellte als Teil seiner Verteidigungsstrategie bereits im Jahr 2015 einen Löschungsantrag gegen die Marke „ATHLET“, den sie mit rechtsmissbräuchlicher Geschäftspraktik begründete. Die (wiederholte) Anmeldung der Marke „ATHLET“ im Jahr 2010 ohne Benutzungsabsicht diene der Schaffung einer Sperrmarke und stelle ein nicht im Einklang mit den Zielen des Unionsmarkenrechts stehendes, bösgläubiges Verhalten dar.
Die Markeninhaberin verteidigte sich mit umfangreichen Schriftsätzen. Die Annahme einer Bösgläubigkeit verkenne die Existenz einer fünfjährigen Benutzungsschonfrist, die erst mit ihrem Ablauf eine Benutzungsabsicht verlange. Überdies liege bereits in Entwicklung, Lizenzierung sowie im Verkauf der Marke eine Benutzungsabsicht.
Die Nichtigkeitsabteilung des EUIPO erklärte die Marke im Jahr 2019 für nichtig, wogegen die Markeninhaberin Beschwerde einlegte. Die Beschwerdekammer bestätigte nun die Nichtigkeit wegen Bösgläubigkeit. Eine solche sei dort anzuerkennen, wo sich aus schlüssigen und übereinstimmenden Indizien ergebe, dass die Anmeldung mit dem Ziel erfolgt sei, sich in unlauterer Weise am Wettbewerb zu beteiligen, in einer den anständigen Gepflogenheiten widersprechenden Weise Drittinteressen zu schaden oder sich in einer den Regelungszielen des Unionsmarkenrechts entgegenstehenden Weise ein ausschließliches Recht zu verschaffen.
Der Markeninhaberin sei trotz wiederholter Aufforderung nicht gelungen, den Zweck der diversen früheren, halbjährlich von Erich A. bzw. einer seiner Gesellschaften vorgenommenen Anmeldungen identischer Marken darzulegen. Sämtliche Vorgänge im Zusammenhang mit der gegenständlichen Marke seien aufgrund der jeweiligen Personenidentität in der Person des Geschäftsführers Erich A. zuzurechnen. Ein Registerauszug zu Erich A. zeige eine enorme Vielzahl von Markenanmeldungen, bei denen die Eintragung wegen ausgebliebener Zahlungen versagt worden sei. Diese Anmeldestrategie sei auf dem rechtsmissbräuchlichen Vorhaben aufgebaut, eine Marke aus Spekulationsgründen und ohne generellen Benutzungswillen anzumelden, um dem Anmelder eine Sperrposition zu verschaffen und Dritte mit Schadensersatzforderungen überziehen zu können. Die Bösgläubigkeit dieser Praxis sei auch bereits vom EuG, dem OLG Frankfurt a.M. und dem Obersten Gerichtshof Österreichs anerkannt worden.
Der Markeninhaberin sei auch nicht gelungen, eine eigene Benutzungsabsicht zu belegen. Die Entwicklung, Lizenzierung und der Verkauf von Marken stellten keine rechtserhaltende Benutzung im Sinne des Unionsrechts dar – erst recht nicht dann, wenn die Übertragungen – wie hier – nur zwischen Erich A. bzw. den von ihm geführten Unternehmen erfolgten. Diese Übertragungen dienten dem bloßen Ziel, eine erfolgreiche Platzierung der Marken am Markt vorzutäuschen und dadurch das unredliche Geschäftsmodell zu verschleiern. Gleichzeitig stünden die Ausführungen der Beschwerdekammer nicht der grundsätzlichen Anerkennung einer Werbeagenturen oder Markendesignern potentiell zukommenden Benutzungsabsicht entgegen, da sich deren redliches Verhalten von dem der Markeninhaberin maßgeblich darin unterscheide, dass letztere keine wirtschaftlich relevante Benutzung oder Verwertung ihrer Markenrechte nachweisen könne.
(EUIPO BoA, Entsch. v. 8.8.2022, R 2214/2019-1)
Die Eheleute Koenig meldeten im Jahr 2020 beim EUIPO das Zeichen „König von Baden“ als Unionswortmarke für Wein an. Hiergegen erhob Bernhard Prinz und Markgraf von Baden, Herzog von Zähringen Widerspruch wegen Verwechslungsgefahr mit der Unionswortmarke „Prinz von Baden“, ebenfalls geschützt für Weine.
Die Widerspruchsabteilung gab dem Widerspruch statt. Der Verkehr hinterfrage nicht, ob es in Baden Prinzen oder Könige gegeben haben mag. Die vom Verkehr stärker beachteten, jeweiligen Zeichenbeginne „Prinz“ und „König“ unterschieden sich zwar schriftbildlich und klanglich voneinander, allerdings wiesen beide Zeichen damit auf zukünftige bzw. gegenwärtige Repräsentanten von Monarchien bzw. von Fürstenhäusern von Baden hin, sodass eine begriffliche Ähnlichkeit vorliege. Die Abweichungen zwischen den Zeichen genüge nicht, um die Zeichen im Verkehr sicher auseinander halten zu können und eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.
(EUIPO, Entsch. v. 12.8.2022, B 3 142 609)
Die KTM Fahrrad GmbH ist Inhaberin der Unionswortmarke „R2R“, geschützt für „Fahrzeuge und Fahrzeugteile, soweit in Klasse 12 enthalten“. Im Jahr 2018 stellte die KTM AG gegen diese Marke einen Verfallsantrag wegen Nichtbenutzung, dem die Nichtigkeitsabteilung des EUIPO im Jahr 2019 stattgab und die Löschung anordnete. Hiergegen legte die Markeninhaberin erfolglos Beschwerde ein. Laut Beschwerdekammer genüge der von der Markeninhaberin erbrachte Nachweis über den Absatz von lediglich 80 Mountainbikes im relevanten Benutzungszeitraum der fünf Jahre vor Antragstellung nicht aus, um eine ernsthafte rechtserhaltende Benutzung zu belegen. Jegliche Werbeaktivität der Markeninhaberin, insbesondere die Teilnahme an Fachmessen, sei erst nach Ablauf des relevanten Benutzungszeitraumes erfolgt. Hiergegen klagte die Markeninhaberin vor dem EuG.
Das EuG bestätigte nun die Amtsentscheidungen. Der Verkauf von lediglich 80 Mountainbikes zu zudem vergleichsweise niedrigen Preisen sei angesichts der enormen Absatzzahlen auf dem Europäischen Fahrradmarkt nicht in der Lage, ernsthaft einen Absatzmarkt zu etablieren oder zu erhalten. Weiter genügten die gegen Ende des Benutzungszeitraum aufgenommenen Vorbereitungshandlungen nicht aus, um nach außen gerichtete Handlungen und somit eine Vermarktung der betreffenden Waren unter der gegenständlichen Marke anzunehmen. Dies gelte selbst dann, wenn in Folge dieser Vorbereitungshandlungen nach Ablauf des relevanten Benutzungszeitraumes deutlich gesteigerte Absatzzahlen vorzuweisen sind.
Dass der Fahrradmarkt, wie von der Markeninhaberin vorgetragen, in besonderem Maße einer Saisonalität unterliege, sei kein berechtigter Grund einer Nichtbenutzung im Sinne des Unionsmarkenrechts. Als solche gälten allein die Hindernisse, die einen ausreichend unmittelbaren Zusammenhang mit der Marke aufweisen, ihre Benutzung unmöglich oder unzumutbar machen und vom Willen des Markeninhabers unabhängig sind. Umstände, die mit wirtschaftlichen (Absatz-) Schwierigkeiten zusammenhängen seien irrelevant, da die allgemeinen Bedingungen des relevanten Marktes, nach denen die Nachfrage und die Vermarktung der betreffenden Waren während bestimmter Zeiträume des Jahres deutlich höher sein sollen, für alle Wirtschaftsteilnehmer der Branche gälten und zu den allgemeinen Marktbedingungen gehörten.
Da die Markeninhaberin mithin keine rechtserhaltende Benutzung der Marke und auch keine berechtigten Gründe für deren Nichtbenutzung habe vortragen können, sei die Entscheidung der Beschwerdekammer rechtsfehlerfrei ergangen.
(EuG, Urt. v. 7.9.2022, T-353/21)
Eine deutsche Privatperson meldete im Jahr 2019 das unten links dargestellte Zeichen beim DPMA als Wort‑/ Bildmarke für Dienstleistungen der Klassen 35, 41 und 42 an. Hiergegen erhob die documenta und Museum Fridericianum gGmbH Widerspruch wegen Verwechslungsgefahr mit ihrer unten rechts dargestellten prioritätsälteren Unionsbildmarke und der Unionswortmarke „documenta“, beide ebenfalls geschützt in Klassen 41 und 42. Sie berief sich überdies auf den diesen Marken zukommenden Bekanntheitsschutz.
Die Markenstelle des DPMA wies den Widerspruch in weiten Teilen wegen fehlender Dienstleistungsähnlichkeit zurück. Auch erfüllten die Widerspruchsmarken nicht die Voraussetzungen eines Bekanntheitsschutzes. Zwar spreche vieles dafür, dass jedenfalls die Unionswortmarke „documenta“ eine bekannte Marke für „öffentliche Präsentation von Werken der bildenden oder zeitgenössischen Kunst“ sei, allerdings lägen die Vergleichsmarken hinsichtlich einem Großteil der Dienstleistungen nicht in einem für den Bekanntheitsschutz erforderlichen Ähnlichkeitsbereich, der eine gedankliche Verknüpfung durch den Verkehr erwarten lasse. Die Dienstleistungen bezüglich derer die Verwechslungsgefahr verneint wurde, beträfen einen anderen Wirtschafts- und Lebensbereich als denjenigen, für den die Widerspruchsmarken Bekanntheit beanspruchten. Es sei vielmehr naheliegend, dass der Begriff „documenta“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen als sprechendes Zeichen mit Anspielung auf Steuerunterlagen und Unternehmensdokumente verstanden werde. Insgesamt halte die Anmeldemarke aufgrund ihrer Komplexität und der zusätzlichen Wortelemente einen hinreichenden Abstand ein, der einer Verknüpfung entgegenwirke.
Hiergegen legte die Widersprechende erfolgreich Beschwerde ein. Es handele sich jedenfalls bei der Widerspruchsmarke „documenta“ um eine bekannte Marke, deren Wertschätzung die Anmeldemarke in unlauterer Weise ausnutze. Dies gelte unabhängig davon, ob die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Marken in einem Ähnlichkeitsverhältnis zueinander stünden. Die notwendige gedankliche Verknüpfung entstehe durch die identische Übernahme der gesamten Widerspruchsmarke in die Anmeldemarke, da letztere dadurch jedenfalls in klanglicher Hinsicht eine maßgebliche Prägung erfahre.
Es könne vorliegend nicht ausgeschlossen werden, dass die Adressaten einer der der beiden Marken möglicherweise niemals mit der anderen Marke konfrontiert werden, sodass sie auch keine Verknüpfung zwischen den Marken herstellen würden. Gleichwohl lösten sich sehr bekannte Marken mit zunehmender Bekanntheit von den Waren und Dienstleistungen, für die sie Schutz genießen oder benutzt werden. Sie entwickelten sich vielmehr unabhängig von den geschützten Waren oder Dienstleistungen selbst zu einem wertvollen Besitzstand. Es sei somit bei der Beurteilung einer gedanklichen Verknüpfung das Ausmaß der Bekanntheit der Widerspruchsmarke zu berücksichtigen. Je stärker die der älteren Marke innewohnende oder durch Benutzung erlangte Unterscheidungskraft sei, umso wahrscheinlicher sei auch ein gedankliches Inverbindungbringen. Die Widerspruchsmarke „documenta“ verfüge über eine solche überragende Verkehrsbekanntheit.
Durch die identische Übernahme des Wortbestandteils „documenta“ begebe sich die Anmeldemarke in den Bereich der Sogwirkung der bekannten Widerspruchsmarke, um von Anziehungskraft, Ruf und ihr zukommenden positiven Attributen zu profitieren. Unterstrichen werde die Anknüpfung an die ältere Marke durch die ebenfalls identische Übernahme der unten rechts dargestellten älteren Logomarke.
(BPatG, Beschl. v. 25.5.2022, 25 W (pat) 2/21)
Eine Hamburger Privatperson meldete im Jahr 2019 das unten dargestellte Zeichen „OLDIE TOUR HAMBURG“ beim DPMA als Wort-/ Bildmarke für diverse Dienstleistungen, u.a. für Werbung und Marketing in der Klasse 35. Die Markenstelle des DPMA wies die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurück. Das Zeichen sei eine bloße Inhalts- und Ortsangabe, die insgesamt mit dem werbeüblichen Ankersymbol einen Kaufanreiz schaffen solle und nicht über eine sachbezogene Aussage hinwegkomme. Nach Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses auf einige Dienstleistungen der Klasse 35, legte der Anmelder Beschwerde gegen die Zurückweisung ein.
Das BPatG gab der Beschwerde statt. Für die noch beanspruchten Werbe-, Verkaufsförderungs- und Marketingdienstleistungen weise das Zeichen zum Anmeldezeitpunkt keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt auf. Die Dienstleistungen richteten sich ausschließlich an ein gewerbliches Fachpublikum. Die Bestandteile „OLDIE“ und „TOUR“ seien aufgrund der grafischen Gestaltung erkennbar aufeinander bezogen und seien als Gesamtbegriff „OLDIE TOUR“ im Sinne einer (Ausflugs-) Rundfahrt mit alten Fahrzeugen zu verstehen. In der stark vom Tourismus geprägten Stadt Hamburg würden regelmäßig Touren mit unterschiedlichen Fahrzeugen angeboten. Dennoch vermittle das Zeichen für die noch verfahrensgegenständlichen Werbedienstleistungen keine bloße Sachaussage und keinen eng beschreibenden Bezug.
Dem Anmeldezeichen könne weder ein beschreibender Hinweis auf eine Branche, noch auf ein Werbemedium entnommen werden, für die die Werbedienstleistungen bestimmt sein könnten. Es entspreche nicht den Branchengewohnheiten, Werbedienstleistungen durch das beworbene Produkt(sortiment) zu charakterisieren, weil die Festlegung auf einen bestimmten Inhalten eine nicht gewollte Beschränkung bedeute. Für die beanspruchten Dienstleistungen handele es sich somit im Ergebnis weder um eine beschreibende, noch um eine freihaltebedürftige Angabe.
(BPatG, Beschl. v. 18.8.2022, 26 W (pat) 559/20)
Die Happy Coco B.V. meldete im Jahr 2019 das Zeichen „HAPPY OATS“ beim EUIPO als Unionswortmarke an, u.a. für Milch- und Milchersatzprodukte. Hiergegen erhob die Mona Naturprodukte GmbH Widerspruch wegen Verwechslungsgefahr mit ihren unten dargestellten Unionsmarken, darunter „Happy Almond“, geschützt u.a. für mandelmilchbasierte Getränke. Die Widersprechende berief sich auch auf eine Markenfamilie mit dem Bestandteil „Happy“.
Die Widerspruchsabteilung gab dem Widerspruch statt, wogegen die Anmelderin erfolgreich Beschwerde einlegte. Anders als die Widerspruchsabteilung stützte die Beschwerdekammer ihre Ausführungen auch auf die anderen beiden Widerspruchsmarken und ging aus prozessökonomischen Gründen von einer rechtserhaltenden Benutzung aus.
Trotz der identischen bzw. hochgradig ähnlichen Waren fehle es an einer hinreichenden Zeichenähnlichkeit. Der Bestandteil „Happy“ sei aufgrund seiner anpreisenden Wirkung ohne Kennzeichnungskraft. Gleiches gelte für die jeweiligen weiteren Bestandteile. Insgesamt komme den Zeichen allenfalls eine geringe Kennzeichnungskraft zu. Bildlich und klanglich stimmten die Zeichen nur in dem Bestandteil „Happy“ überein, unterschieden sich aber ansonsten deutlich. Der Widersprechenden könne nicht bereits aufgrund eines in ihrer Marke enthaltenen Zeichenbestandteils mit allenfalls niedrigster Kennzeichnungskraft (Happy) ein uneingeschränktes Recht eingeräumt werden, sich der Eintragung jedes weiteren Zeichens mit diesem Zeichenbestandteil zu widersetzen.
Auch das Argument der Markenfamilie ließ das Amt nicht gelten. Die Anmeldemarke müsste dafür das Publikum zu der Annahme veranlassen, dass die Waren von denselben oder verbundenen Unternehmen stammen könnten. Das sei jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der gemeinsame Bestandteil in dem angefochtenen Zeichen wie hier in anderer Position verwendet werde.
(EUIPO BoA, Entsch. v. 25.8.2022, R 1758/2021-2)
Die Blu Wireless Technology Limited meldete im Jahr 2020 die unten dargestellte Unionsmarke „Blu Wireless“ in den Klassen 9 und 42 u.a. für kommerzielle Telekommunikationssysteme an. Hiergegen erhob die O2 Worldwide Limited Widerspruch wegen Verwechslungsgefahr mit ihrer der Unionswortmarke „BLUE“, ebenfalls geschützt in Klassen 9 und 42.
Die Widerspruchsabteilung gab dem Widerspruch statt, wogegen die Anmelderin erfolglos Beschwerde einlegte. Die Waren und Dienstleistungen seien zwar identisch, es fehle aber an einer hinreichenden Zeichenähnlichkeit. Auch wenn das Bildelement der Anmeldemarke ins Auge falle, handele es sich um ein simples grafisches Element mit niedriger Kennzeichnungskraft. Dem Zeichenbestandteil „Wireless“ komme aufgrund seines beschreibenden Charakters keine Kennzeichnungskraft zu. Weiter werde der Bestandteil „Blu“ vom Verkehr als offenkundig falsche Schreibweise der Farbe „blue“ erkannt. Das Anmeldezeichen stimme mit seinem einzig kennzeichnungsstarken Bestandteil „Blu“ in drei der vier Buchstaben mit der Widerspruchsmarke überein. Bildlich bestehe eine (leicht) unterdurchschnittliche, klanglich und begrifflich allerdings eine mindestens durchschnittliche Ähnlichkeit. Insgesamt bestehe daher eine Verwechslungsgefahr.
(EUIPO BoA, Entsch. v. 25.8.2022, R 120/2022-4)
Disclaimer: Bitte beachten Sie, dass es sich bei den in diesem Newsletter aufgenommenen Entscheidungen um eine von den Autoren vorgenommene, rein subjektive Auwahl relevanter markenrechtlicher Entscheidungen ohne Anspruch auf Vollständigkeit handelt.