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Trademark Insight. Mit diesem Format informieren wir Sie in regelmäßigen Abständen über aktuelle markenrechtliche Entscheidungen.
Liebe Leserinnen und Leser,
die vorliegende Ausgabe des Trademark Insight hält erneut einige aktuelle und interessante Entscheidungen der letzten Monate für Sie bereit. Von besonderer Bedeutung sind sicher die Entscheidungen zur Rechtsfigur der unmittelbaren komplexen Verwechslungsgefahr (BPatG), zu Konstellationen der Gleichnamigkeit (EuG) und zur rechtserhaltenden Benutzung einer Pfand-Symbol-Marke (EuG). Interessant sind auch die Entscheidungen zum Bekanntheitsschutz und zur Bösgläubigkeit. Daneben berichten wir wie immer zur aktuellen Spruchpraxis in Sachen Verwechslungsgefahr und Unterscheidungskraft.
Wir freuen uns über Ihr Feedback und Anregungen per E-Mail an trademark.insight@hoganlovells.com.
Eine hilfreiche Lektüre wünschen Ihnen
Thorsten Klinger und Dr. Andreas Renck
Markenrecht in der Europäischen Union und Deutschland
Verfasst von Thorsten Klinger, Christine Stoeber, Robert Taeger und Sophia Siegling
Country Focus: Polen
Verfasst von Aleksandra Kuc-Makulska
Das BPatG befasste sich mit der Verwechslungsgefahr zwischen der unten links dargestellten Anmeldemarke „BLACK HORSE“ und der unten rechts dargestellten Widerspruchsmarke „POWER HORSE“, die jeweils Schutz für nicht-alkoholische Getränke in Klasse 32 beanspruchten. Das DPMA hatte den Widerspruch zuvor zurückgewiesen, da die Anmeldemarke den erforderlichen Zeichenabstand zur Widerspruchsmarke einhalte.
Die hiergegen von der Widersprechenden eingelegte Beschwerde war nun erfolgreich. Die Anmeldemarke halte den gebotenen Abstand nicht ein. Die erforderliche Beurteilung der Zeichenähnlichkeit nach dem Gesamteindruck bedeute nicht, dass nicht auch einzelne Bestandteile einer komplexen Marke prägend sein können. Dies sei hier der Fall. Auch wenn sich die beiden Marken in ihrer Gesamtheit deutlich unterschieden, seien auch Übereinstimmungen festzustellen. Ob diese zu einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr genügten, könne allerdings offen bleiben, da zwischen den Zeichen jedenfalls der Sonderfall einer komplexen Markenähnlichkeit bestehe.
Diese Rechtsfigur sei in der Rechtsprechung des BPatG entwickelt und auch bereits angewandt worden (so etwa auch bereits in Sachen Silver Horse, besprochen in Trademark Insight Ausgabe 11|2022). Begründet werde sie mit dem Erfahrungssatz, dass Vergleichsmarken fast nie gleichzeitig nebeneinander wahrgenommen werden. Letztlich entscheide somit bloß das ungenaue Erinnerungsbild. Kommen sich Zeichen klanglich, bildlich und begrifflich sehr nahe, können Verwechslungen aus der Erinnerung heraus nicht mit der notwendigen Sicherheit ausgeschlossen werden, sodass eine Verwechslungsgefahr aufgrund komplexer Ähnlichkeit vorliege.
Obwohl die Rechtsfigur der komplexen Ähnlichkeit bzw. Verwechslungsgefahr bereits seit mehr als 50 Jahren vom BPatG – freilich nur als Ausnahmefall – angewandt wurde, ließ das BPatG hier die Rechtsbeschwerde zu, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Frage der Zulässigkeit dieser Rechtsfigur in Zukunft für eine größere Anzahl gleichgelagerter Fälle entscheidungserheblich ist.
(BPatG, Beschl. v. 26.6.2023, 26 W (pat) 24/18)
Im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens befasste sich die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO mit Fragen der Rufausbeutung. Die Inhaberin der unten rechts dargestellten Marke „OREO“ hatte Widerspruch gegen die unten links dargestellte Markenanmeldung „PORLEO“ erhoben und diesen auf Verwechslungsgefahr und Rufausbeutung gestützt.
Nachdem die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch lediglich im Umfang der ähnlichen Waren und Dienstleistungen stattgab und ihn im Übrigen zurückwies, war die hiergegen gerichtete Beschwerde der Widersprechenden nun erfolgreich. Der Widersprechenden folgend ging die Beschwerdekammer von einer Rufausbeutung aus. Die Widerspruchsmarke genieße als weltweit meistverkaufte Keksmarke des 21. Jahrhunderts auch in der EU eine enorme Bekanntheit und einen positiven Ruf, der sich nicht nur auf Kekse erstrecke. Der Zeichenvergleich zeige ferner, dass sämtliche Elemente der Widerspruchsmarke in dem zentralen Element der Anmeldemarke enthalten seien. Die Zeichen seien sich insgesamt noch entfernt ähnlich, was für die Annahme einer Rufausbeutung ausreichen könne.
Der Schutz der Widerspruchsmarke erstrecke sich daher auch auf entfernt ähnliche Lebensmittelwaren, weshalb hier eine Rufausbeutung in Gestalt des Trittbrettfahrens zu befürchten sei.
(EUIPO BK, Entsch. v. 19.6.2023, R 1901/2022-4)
Das BPatG befasste sich mit Fragen der Unterscheidungskraft von Personennamen, nachdem das unten dargestellte Anmeldezeichen „james last“ vom DPMA u.a. für Musiksoftware in Klasse 9 und Bekleidung in Klasse 25 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen wurde.
Das BPatG hob die Amtsentscheidung auf. Zwar handele es sich bei „james last“ um den Namen eines bekannten deutschen Bandleaders und Komponisten. Entgegen der Auffassung des DPMA führe allein dieser Umstand jedoch nicht dazu, dass die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise das Zeichen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als Sachhinweis auf Leben und Werk des Künstlers und als Vermarktungsinstrument von dessen Musik verstünden.
Werden Personenbezeichnung vom Verkehr lediglich als beschreibende, werbewirksame Angabe verstanden, fehle es ihnen an Unterscheidungskraft. Relevant sei, ob es sich um den Namen einer in der Öffentlichkeit bekannten Person handele. Immerhin verbinde der Verkehr mit dem Namen bekannter Personen stets auch deren Lebenserfolg, auf dem die Bekanntheit beruhe. Keine Unterscheidungskraft besitzen Namen berühmter Personen demnach jedenfalls für solche Waren und Dienstleistungen, für die sie gleichzeitig eine Sachangabe darstellen (Diesel, Otto, Wankel).
Dies sei bei „james last“ für die beanspruchten Waren jedoch nicht der Fall. Der Künstler habe weder einen bestimmten Kleidungsstil geprägt, noch Musiksoftware erfunden, die nach ihm benannt bzw. zur Beschreibung verwendet werde. Auch wiesen die beanspruchten Waren keinen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt auf, der eine thematische Beschreibung zulasse. Auch der werbeübliche Einsatz von (berühmten) Personennamen zum Zwecke des Imagetransfers auf die beanspruchten Waren stehe der Funktion als Herkunftshinweis nicht entgegen.
(BPatG, Beschl. v. 12.6.2023, 28 W (pat) 1/20)
In dieser Entscheidung befasste sich die Fünfte Beschwerdekammer mit der Eintragungsfähigkeit der unten abgebildeten Bildmarkenanmeldung für Süß- und Snackwaren der Klassen 29 und 30. Die Anmeldung wurde zunächst von der Prüfungsabteilung aufgrund fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Die Fünfte Beschwerdekammer schloss sich nun dieser Bewertung an und führte aus, dass das angemeldete Zeichen lediglich die maßgeblichen Waren selbst oder Teile der Waren (wie beispielsweise Brotaufstrich) darstelle. Die Bildmarkenanmeldung zeige dabei ein rechtwinkliges Teilstück eines sandfarbenen Gebäckstückes, welches seitliche Einkerbungen und mittige kleine kreisrunde Vertiefungen aufweise. Das neben dem Gebäckstück abgebildete kleine rote Quadrat werde als einfache geometrische Grundform wahrgenommen und auch die neben dem Gebäckstück befindlichen Freiräume beeinflussten die vom Zeichen vermittelte Aussage aus Sicht der Verbraucher nicht.
Insbesondere fehle es dem Zeichen auch unter Heranziehung der Kennzeichnungsgewohnheiten in der Süßwaren- und Snackbranche an Unterscheidungskraft. Es sei dabei handelsüblich, Knabbereien und Süßwaren in den verschiedensten Verpackungsfarben anzubieten, wobei die Farbe gelb keinesfalls eine Ausnahme darstelle.
(EUIPO BK, Entsch. v. 21.8.2023, R 2208/2022-5)
Dem Verfahren liegt ein Rechtsstreit zweier gleichnamiger Unternehmen zugrunde, die im Jahr 1991 wenige Tage nacheinander gegründet wurden. Im Jahr 2013 meldete die zuerst gegründete aTmos Industrielle Lüftungstechnik GmbH, Düsseldorf (nachfolgend Markeninhaberin) die hier gegenständliche Unionswortmarke „aTmos“ für diverse Waren und Dienstleistungen mit Bezug zu Klima- und Lüftungsanlagen in den Klassen 11, 37 und 42 an. Hiergegen stellte die aTmos Industrielle Lüftungstechnik GmbH, Riedstadt (nachfolgend Antragstellerin) im Jahr 2019 einen Nichtigkeitsantrag wegen entgegenstehender eigener älterer Unternehmenskennzeichenrechte in übereinstimmender Branche.
Das EuG bestätigte nun die Entscheidung der Beschwerdekammer, die dem Löschungsantrag stattgab. Die Antragstellerin habe das Bestehen prioritätsälterer Unternehmenskennzeichenrechte erfolgreich dargelegt. Zwar müsse deren Prüfung umfassend erfolgen, sodass auch die Einrede wiederum älterer Rechte der Markeninhaberin zu prüfen sei. Die Markeninhaberin habe insofern jedoch keine Beweise für derartige ältere Rechte erbracht. Selbst bei Annahme einer Gleichgewichtslage zwischen den Zeichen, sei diese durch die Markenanmeldung gestört worden, da sie gegen die guten Sitten verstoße.
Erfolglos blieb die Markeninhaberin mit dem Argument, dass die Beschwerdekammer ihr Prüfungsrecht überschritten habe, indem sie sich auf Erwägungen stützte, die über die durch die Beteiligten in das Verfahren eingebrachten Informationen hinausgingen. Immerhin habe die Antragstellerin selbst die frühere Gründung der Markeninhaberin und somit deren ältere Unternehmenskennzeichenrechte in das Beschwerdeverfahren eingebracht und anerkannt. Das Gericht stellte insofern klar, dass die Beschwerdekammer verpflichtet ist, die Sach- und Rechtslage umfassend zu prüfen. Zwar sehe Art. 95 UMV tatsächlich vor, dass die Beschwerdekammer ihre Entscheidung über einen Nichtigkeitsantrag nur auf die von den Beteiligten vorgetragenen Tatsachen und Beweise stützen dürfe. Dies bedeute aber nicht, dass das EUIPO die unbestritten gebliebenen Ausführungen einer Partei als bewiesen behandeln müsse. Als Bestandteil der rechtlichen Gesichtspunkte unterliege vielmehr auch das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen eines relativen Eintragungshindernisses der Prüfung des EUIPO. Die Beschwerdekammer habe daher auch das tatsächliche Bestehen älterer Rechte anhand des Vorbringens der Markeninhaberin prüfen müssen, ohne dadurch Art. 95 UMV zu verletzen.
(EuG, Urt. v. 12.7.2023, T-694/21)
Das EuG befasste sich im Rahmen eines Nichtigkeitsverfahrens mit der Unterscheidungskraft der unten links abgebildeten Marke, die u.a. für Schmuck in Klasse 14 geschützt ist.
Gegen die Zurückweisung des Nichtigkeitsantrags durch Nichtigkeitsabteilung und Beschwerdekammer klagte die Antragstellerin vor dem EuG und argumentierte, das Zeichen zeige die Warenform und weiche nicht hinreichend von den Normen und Gepflogenheiten des Marktes ab, um eine Schutzfähigkeit zu begründen.
Das EuG bestätigte die Amtsentscheidungen und wies die Klage als unbegründet zurück. Zutreffend sei, dass die Anforderungen an die Unterscheidungskraft bei Formmarken faktisch erhöht seien, da der Verkehr diese nicht automatisch als Unterscheidungsmittel wahrnehme. Dies gelte auch für zweidimensionale Darstellungen von Warenformen.
Die Annahme einer Warenformmarke sei hier aber nicht zwingend. Der Umstand, dass die beanspruchten Waren auch die Form eines Teddybären aufweisen könnten, sei jedenfalls nicht ausreichend. Immerhin schließe eine solche Unterstellung jegliche sonstige Verwendungsmöglichkeit der Marke aus. Im Ergebnis sei daher die Rechtsprechung zu Formmarken nicht anwendbar.
Die von der Antragstellerin eingereichten Nachweise von Teddybären als Gestaltungselement im Schmucksektor reichten aus Sicht des EuG nicht für die Annahme, dass es sich um ein übliches Motiv handele. Der Verkehr verbinde das Teddybären-Motiv nicht mit Schmuckwaren. Im Übrigen nehme der Verkehr das Zeichen nicht unmittelbar als Teddybär wahr. Es lasse Raum für gedankliche Anstrengungen und Fantasie, die ebenfalls die Unterscheidungskraft unterstrichen.
(EuG, Urt. v. 26.7.2023, T-591/21 )
Die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO entschied zur Nichtigkeit der für diverse Bekleidungswaren in Klasse 25 geschützten Unionsmarke „Neo Safety“ wegen Bösgläubigkeit. Der Anmeldung dieser Unionsmarke durch ein chinesisches Unternehmen im Jahr 2017 ging eine langjährige Geschäftsbeziehung mit der polnischen Antragstellerin voraus, die Inhaberin diverser prioritätsälterer Rechte an den Zeichen „neo“ und „neo tools“ für Arbeitsschutzbekleidung, Helme und Handschuhe in Klasse 9 ist.
Wie zuvor die Nichtigkeitsabteilung ging auch die Beschwerdekammer von der Bösgläubigkeit der Markeninhaberin aus und wies deren Beschwerde als unbegründet zurück. Bösgläubigkeit liege insbesondere dann vor, wenn die Marke zum Zweck der unlauteren Beeinträchtigung von Drittinteressen angemeldet werde. Dies sei hier der Fall. Vorliegend habe die Antragstellerin nachgewiesen, dass zuvor eine Geschäftsbeziehung mit der Markeninhaberin bestand, im Rahmen derer sie bei der Markeninhaberin mehrere tausend Stück Arbeitsschutzbekleidung mit dem Aufdruck „NEO“ bestellte. Auch fördere die Übereinstimmung im kennzeichnungskräftigen Bestandteil „neo“ beim Verkehr die Annahme wirtschaftlich verbundener Unternehmen. Schließlich habe die Markeninhaberin keine eigene plausible Geschäftsstrategie vorgewiesen.
Die Gesamtumstände legten nach alledem nahe, dass die Markeninhaberin mit der Anmeldung versucht habe, sich in unlauterer Weise eigene Vermarktungsmöglichkeiten der zuvor im Rahmen der Geschäftsbeziehung vertriebenen Waren zu sichern. Die Markenanmeldung im Zeitpunkt des Auslaufens dieser Geschäftsbeziehung verletze die Interessen und Erwartungen der Antragstellerin und verstoße gegen das Rücksichtnahme- und Fairplay-Gebot.
(EUIPO BK, Entsch. v. 16.8.2023, R 2391/2022-4)
Das EuG befasste sich mit der Verwechslungsgefahr zwischen der unten links dargestellten Anmeldemarke und der unten rechts dargestellten Widerspruchsmarke "mó" sowie mit den Voraussetzungen des Bekanntheitsschutzes.
Wie auch die Vorinstanzen sah das EuG die Voraussetzungen der Verwechslungsgefahr und des Bekanntheitsschutzes als nicht gegeben an. Zwar stimmte das Gericht der Widersprechenden zu, dass der Bekanntheitsschutz (im Verhältnis zum Verwechslungsschutz) einen geringeren Zeichenähnlichkeitsgrad ausreichen lasse, solange zwischen den Marken eine gedankliche Verbindung bestehe. Allerdings ergebe sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Rechtsprechung, dass der Maßstab zur Bewertung der Zeichenähnlichkeit im Rahmen dieser Eintragungshindernisse (Verwechslungsgefahr und Bekanntheitsschutz) unterschiedlich sei.
Das relevante Publikum werde die Anmeldemarke (unten links) lediglich als geometrische Formen und nicht als Buchstaben wahrnehmen. Die Zeichen seien daher schriftbildlich unähnlich. Da Verbraucher in den Zeichen keine Buchstaben erkennen, könne zudem auch keine klangliche Ähnlichkeit festgestellt werden. Im Ergebnis lagen aufgrund der Zeichenunähnlichkeit weder eine Verwechslungsgefahr noch die Voraussetzungen des Bekanntheitsschutzes vor.
(EuG, Entsch. v. 12.7.2023, T-487/22)
Im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens entschied das EuG zu Fragen der rechtserhaltenden Benutzung der unten rechts abgebildeten Widerspruchsmarke für Dienstleistungen der Klassen 35, 40 und 42. Die Widerspruchsabteilung wies den Widerspruch gegen das unten links abgebildete Zeichen zuvor mangels rechtserhaltender Benutzung zurück, was die Beschwerdekammer bestätigte. Nach ihrer Ansicht werde die Widerspruchsmarke vom Verkehr nicht als Herkunftshinweis aufgefasst, sondern lediglich als Hinweis auf die Teilnahme an einem Entsorgungssystem. Die Widerspruchsmarke sei aus diesem Grund nicht markenmäßig benutzt worden.
Die von der Widersprechenden erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Zu Recht sei das Amt von fehlender rechtserhaltender Benutzung ausgegangen. Die Widersprechende habe als Deutsche Pfandgesellschaft (DPG) zahlreiche Händler unter sich zusammengeschlossen und nutze das rechts dargestellte Zeichen als Hinweis auf die Teilnahme am Verwertungssystem. Zu berücksichtigen sei, dass die Widerspruchsmarke gerade nicht als Gewährleistungsmarke, sondern als Individualmarke angemeldet wurde. Eine rechtserhaltende Benutzung von Individualmarken könne zwar grundsätzlich auch dann vorliegen, wenn sie eine Aussage über die Qualität von Waren oder Dienstleistungen treffen. Notwendig sei dann aber auch, dass der Verkehr ihnen die Garantie darüber entnehme, dass die so gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen unter der Kontrolle eines Unternehmens hergestellt oder vertrieben werden, das für diese Qualität verantwortlich ist.
Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Der Fachverkehr habe das Zeichen lediglich als Hinweis auf die Teilnahme am DPG-Pfandsystem kennengelernt. Auch die Zuordnung zum DPG-System stelle keinen Herkunfts-, sondern eben nur einen Teilnahmehinweis dar. Das Amt habe den Widerspruch somit mangels rechtserhaltender Benutzung der Widerspruchsmarke rechtsfehlerfrei zurückgewiesen.
(EuG, Urt. v. 6.9.2023, T-774/21)
Das EuG befasste sich in diesem Urteil mit der technischen Wirkung der unten dargestellten Markenanmeldung einer Flaschenform für Waren der Klassen 29, 30, 32 und 33, darunter Milchprodukte, Bier und andere alkoholische sowie alkoholfreie Getränke.
Die Anmeldemarke wurde vom EuG in einem vorausgegangen Urteil zunächst für inhärent unterscheidungskräftig befunden, da die Kombination ihrer Elemente tatsächlich besonders sei und nicht als völlig alltäglich angesehen werden könne.
Nach Zurückverweisung des Verfahrens an die Zweite Beschwerdekammer wies diese die Anmeldung - unter anderem aufgrund der Technizität des Zeichens weitestgehend – nämlich in Bezug auf solche Waren, deren Lagerung und Abfüllung durch die beanspruchte Flaschenform besonders begünstigt wird – zurück. Die besondere Flaschenform verhindere ein Auslaufen bzw. Verschütten des Füllgutes bei Bewegung der Flasche und verstärke die Stabilität.
Die gegen diese Entscheidung erhobene Klage der Anmelderin war nun erfolglos. Das Zeichen bestehe ausschließlich aus der Form der Ware, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist. Der Einlass verfüge über eine regelmäßige Form, die u.a. das angemessene Ausgießen des Inhalts ermögliche oder erleichtere. Der bauchige Hauptteil erlaube eine Aufnahme der fraglichen Waren, da die Wand des oberen Bauchteils gerade geführt sei, während sie sich unterhalb des Wulstes verjünge und in ein abgerundetes Endstück münde. Der Wulst ermögliche die Lagerung in einem Loch, beispielsweise in hierzu vorgesehenen Regalen. Die zusätzliche Stabilität, die durch den Wulst gewährleistet werde, sei aus technischer und funktionaler Sicht besonders wichtig.
Dass die Kombination einzelner Gestaltungselemente des Behältnisses einen ästhetischen Gesamtwert erzeuge, der nicht rein funktional sei, war nach Ansicht des EuG unerheblich.
(EuG, Urt. v. 5.7.2023, T 10/22)
In dieser Entscheidung befasste sich die Erste Beschwerdekammer des EUIPO mit der Eintragungsfähigkeit der unten abgebildeten Farbmarke für Süßwaren der Klasse 30. Die Anmeldung wurde von der Prüfungsabteilung aufgrund fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, was die Beschwerdekammer nun bestätigte.
Wie von der Anmelderin geltend gemacht, bestehe die Anmeldung aus einer systematischen Anordnung von Farben und Formen, d. h. sieben Streifen, die sich in den Farben Rot und Weiß (auch links und rechts außen) in einem durch Prozentsätze angegebenen Verhältnis abwechseln. Entgegen dem Vorbringen der Anmelderin folge daraus jedoch nicht, dass dieses Zeichen zwangsläufig Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV besitze.
Weder die Kombination der Farben rot und weiß noch die Anordnung dieser Farben könne der Anmeldung Unterscheidungskraft verleihen.
(EUIPO BK, Entsch. v. 21.9.2023, R 730/2023-1)
Die Erste Beschwerdekammer des EUIPO entschied zur Löschung der Unionsmarke „CorrosionX“ wegen Bösgläubigkeit. Zuvor hatte die Nichtigkeitsabteilung dem Löschungsantrag der U.S. Corrosion Technologies, LLC stattgegeben, wogegen sich die Markeninhaberin mit einer Beschwerde wandte.
Die Beschwerdekammer bestätigte nun die Löschung wegen Bösgläubigkeit. Zunächst sei nicht bereits durch eine vorherige Amtsentscheidung (EUIPO BK, Entsch. v. 24.8.2020, R 2982/2019-4) Rechtskraft in dieser Rechtsfrage eingetreten. Immerhin habe die Vierte Beschwerdekammer in jenem Verfahren lediglich zum Bestehen eines Agentenverhältnisses entschieden und den Löschungsantrag im Übrigen (nämlich hinsichtlich einer etwaigen Bösgläubigkeit) zurückgewiesen.
Aus den umfangreichen Nachweisen der Antragstellerin werde deutlich, dass die Markeninhaberin versuche, ihre eigenen Waren als solche der Antragstellerin zu verkaufen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Markeninhaberin zur Anmeldung der vormals von ihr als Vertriebspartner für den deutschen Markt benutzten US Marke berechtigt gewesen sei. Zwar beruhe das Unionsmarkensystem auf dem „first-to-file“-Prinzip, jedoch werde dieses durch das Institut der Bösgläubigkeit eingeschränkt. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff sei im Lichte des Zwecks des Unionsmarkenrechts auszulegen und liege dort vor, wo die Anmeldung nicht den anerkannten, ehrlichen Geschäftspraktiken entspreche.
Die angefochtene Unionsmarke sei identisch mit den älteren US-Marken der Antragstellerin. Hiervon hatte die Markeninhaberin auch im Anmeldezeitpunkt Kenntnis, wie sich jedenfalls auch aus ihren Erklärungen in dem erwähnten vorangegangenen Verfahren ergebe. Daraus folge, dass eine intensive Geschäftsbeziehung bestanden habe, die eine Rücksichtnahme- und Fair-Play-Pflicht habe entstehen lassen. Diese führe zu der berechtigten Erwartung der hiesigen Antragstellerin, keine von ihr ungenehmigten Markenanmeldungen befürchten zu müssen. In der Anmeldung habe sich eine böswillige Absicht der Markeninhaberin manifestiert, am Verkaufserfolg der zuvor im Namen der Antragstellerin vertriebenen Produkte nun unmittelbarer zu partizipieren.
(EUIPO BK, Entsch. v. 15.9.2023, R 1795/2022-1)
Referential use is a use in commerce of another's trademark for the purpose of identifying or referring to goods or services of the trademark holder. It is one of the limitations to trademark protection provided for in Directive 2015/2436 of the European Parliament and of the Council of 16 December 2015 to approximate the laws of the Member States relating to trade marks (“TMD 2015”). The exception has not been fully implemented into Polish trademark law. Polish regulations still reflect the wording of previous trademark directives, which results in significant differences between Polish and EU laws and decisions. Current case law of the CJEU does not make things simpler.
EU laws concerning referential use
TMD 2015 indicates that a third party cannot be prohibited from using another’s trademark for the purpose of identifying or referring to goods or services as those of the trademark holder, in particular, where the use of the trade mark is necessary to indicate the intended purpose of a product or service, in particular as accessories or spare parts.
The scope of referential use in TMD 2015 is significantly broader in comparison with the previous regulations. Referential use was introduced in TMD 1988 – the first community regulation that harmonized trademark laws of the member states. Both TMD 1988 and its successor, TMD 2008, limited referential use exception to instances, where it was necessary to indicate the purpose of a product or service. The 2015 EU trademark reform has therefore abandoned the “necessity” premise (and only kept this scenario as an example) and opened referential use exception to many new possible use cases.
What the Polish law states
Despite the fact that TMD 2015 was officially implemented into Polish Industrial Property Act in 2019, its provisions on referential use still reflect the phrasing of previous trademark directives. Therefore, under Polish regulation, referential use can only be invoked if a third party proves that trademark use is necessary to indicate the intended purpose of a product or service. The scope of this exception is thus much narrower than it is according to current EU law.
Decisions in Audi and Inditex cases
In early 2024, the CJEU ruled on cases C-334/22 (Audi, referenced by a Polish Court) and C-361/22 (Inditex), confirming that the scope of referential use as indicated in TMD 2008 is narrower than in TMD 2015.
In Inditex, an information service provider used plaintiff’s ZARA trademark in its advertising campaign for a subscription to a multimedia content streaming service. After having subscribed to the service, subscribers could participate in a prize draw and win a ZARA-gift card. The ZARA trademark was placed on a visualization of the gift card. Since the dispute arose in 2010, national provisions implementing TMD 2008 applied. However, national courts believed that the defendant’s actions better corresponded with the wording of TMD 2015 rather than the previous directive. Therefore, the national court referred the case to the CJEU to establish whether the provision of TMD 2008 could be interpreted broadly, covering the scope of exception as introduced in TMD 2015.
In its judgment, the CJEU confirmed that the referential use exception within the meaning of TMD 2008 can only be raised when the use of a trademark is necessary to indicate the intended purpose. It emphasized that such interpretation is supported both by the legislative history of TMD 2015 and the objectives pursued in TMD 2008. Therefore, since the scope of previous provision is more limited, it cannot be interpreted in a way that would encompass the extended scope introduced in TMD 2015. This has been clarified in Audi, where the CJEU held that despite the existence of significant differences between the past and current provisions relating to referential use, Article 14 (1) lit. c clearly provides that the use of a trademark necessary to indicate the intended purpose is still within the scope of the exception.
The impact of the decisions on Polish law
The referential use provision of TMD 2008 may not be interpreted broadly, so it can be inferred that Polish regulation, which follows this iteration of the directive, must be treated accordingly. This means that the significant gap existing between Polish and EU rules regulating the referential use exception may not be reduced through the means of interpretation.
Since the case law does not help in limiting the gap, the Polish legislator would have to independently introduce necessary amendments and finally implement the new scope of referential use into Polish trademark law. For now, no such changes are planned.
If your business model includes referential use in Poland, please note that the exceptions under EU trademark law will not necessarily apply.
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Disclaimer: Bitte beachten Sie, dass es sich bei den in diesem Newsletter aufgenommenen Entscheidungen um eine von den Autoren vorgenommene, rein subjektive Auwahl relevanter markenrechtlicher Entscheidungen ohne Anspruch auf Vollständigkeit handelt.