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Die Wiedereröffnung von Hotels und gewerblichem Wohnen, z.B. in Form von Serviced Apartments, stellt die Betreiber vor unvorhergesehene und unbekannte Schwierigkeiten. Vor dem Hintergrund der herrschenden Pandemie und drohenden Erkrankungen von Gästen mit Covid-19 kommt die Frage auf, wer für eine Infektion der Gäste und die sich daraus ergebenden Schäden zu haften hat.
Während mögliche Haftungsbeschränkungen aufseiten der Betreiber in den USA bereits lebhaft diskutiert werden, nehmen sie langsam, aber auch zunehmend einen Teil des Dialogs in Deutschland ein. Doch sowohl für Hotels, als auch für das gewerbliche Wohnen ist von einer Haftungsbegrenzung im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen („AGB“) abzuraten. Vielmehr ist es essenziell, sich als Betreiber detailliert mit den durch die Länder festgelegten Sicherheitsvorkehrungen und -vorschriften auseinanderzusetzen, diese sorgfältig zu beachten und vor allem nachvollziehbar zu dokumentieren
Zwischen Betreiber und Gast besteht ein Beherbergungsvertrag, der Ersteren dazu verpflichtet, für den gefahrlosen Zustand der überlassenen Einrichtungen und Räume zu sorgen. Jedes Abweichen vom Soll-Zustand stellt eine Pflichtverletzung dar, sodass ausreichende Sicherheitsmaßnahmen von Seiten der Betreiber zu treffen sind.
Das Betreiben eines Hotels oder Serviced Apartments, in dem zwangsläufig viele Menschen miteinander in Berührung kommen, schafft die Gefahr der Verbreitung einer Infektion mit Covid-19. Erforderlich werden daher Sicherheitsvorkehrungen, wie sie derzeit von den Ländern festgelegt werden bzw. worden sind. Obligatorisch sind unter anderem die Einhaltung des erforderlichen Mindestabstands, strenge Hygieneregeln, Schließung von Spa-Bereichen und das Unterlassen von Buffet-Essen. Werden diese Vorsichtsmaßnahmen vom Betreiber nicht eingehalten und auch die Gäste nicht ausreichend und nachhaltig hierauf hingewiesen, verletzt der Betreiber damit seine dem Gast gegenüber bestehende Sorgfaltspflicht. Eine Schlüsselposition nimmt hierbei die notwendige, permanente Ansprache sowie Anhaltung der Gäste ein, sich an die Regeln zu halten und dies auch auf Seiten des Betreibers nachhaltig zu dokumentieren. An eine solche Pflichtverletzung kann in der Folge ein Schadensersatzanspruch anknüpfen.
Ein Schadenersatzanspruch setzt grundsätzlich Verschulden des Betreibers voraus, also ein vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln bzw. Unterlassen. Unter Fahrlässigkeit versteht man die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, deren Grenzen sich wiederum über die oben genannten Sorgfaltspflichten definieren. Werden diese nicht wie erforderlich eingehalten, so handelt der Betreiber fahrlässig.
Wichtig ist hierbei, dass er nicht nur für sein eigenes Verschulden einzustehen hat, sondern auch für das seiner Mitarbeiter. Verhalten diese sich nicht den Sorgfaltspflichten entsprechend, so handeln sie fahrlässig, was dem Hotelbetreiber bzw. dem Betreiber von Serviced Apartments wie eigene Fahrlässigkeit zugerechnet wird. Es gilt demnach die Mitarbeiter zuverlässig und wiederholt zu schulen sowie auf die geltenden Bestimmungen aufmerksam zu machen.
Anders verhält es sich wenn ein Dritter, etwa ein anderer Gast, gegen die Vorkehrungen verstößt. Hält dieser z.B. den Sicherheitsabstand nicht ein, hat der Betreiber ihn jedoch vorher in ausreichender Art und Weise dazu angehalten, wird dieses Verhalten dem Betreiber nicht zugerechnet und er muss daher nicht dafür haften.
Grundsätzlich hat der Gast die objektive Pflichtverletzung zu beweisen, der Betreiber hingegen hat den Beweis zu liefern, dass er die Verletzung seiner Sorgfaltspflichten nicht zu vertreten hat.
Um dem Betreiber eine Pflichtverletzung nachzuweisen, muss der Gast grundsätzlich beweisen, dass dieser objektiv seine Sorgfaltspflichten verletzt hat, ihnen also nicht zu Genüge nachgekommen ist.
Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen:
Wenn ein Zustand im Organisationsbereich des Betreibers die Verletzung hervorgerufen hat, kann dies dazu führen, dass sich der Betreiber hinsichtlich der Pflichtverletzung entlasten muss. Hintergrund ist, dass der Gast keinen Einblick in die internen Abläufe des Betreibers hat. Hierzu muss er jedoch beweisen, dass die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich des Betreibers stammen kann. Kommt noch eine andere Ursache in Betracht, so bleibt es beim Grundsatz, dass der Gast die Pflichtverletzung beweisen muss.
Der Hotelbetreiber bzw. Betreiber von Serviced Apartments muss hingegen grundsätzlich beweisen, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten oder dass die etwaige Nichtbeachtung der Sorgfaltspflicht die Verletzung nicht verursacht hat. Den Betreiber trifft hier die Darlegungslast. Von großer Wichtigkeit ist stets die Frage, wie hoch jeweils im Einzelfall die Wahrscheinlichkeit einer vom Betreiber zu vertretenen Verletzung ist. Es reicht, wenn er sämtliche Umstände ausräumt, die für sein Fehlverhalten sprechen. Letztendlich kommt es auf den Einzelfall an, was der Betreiber zu seiner Entlastung darlegen und beweisen muss. Aus diesem Grund ist es umso mehr zu raten, Hygienemaßnahmen sehr strikt einzuhalten und diese vor allem genau und für ein Gericht hinreichend nachvollziehbar zu dokumentieren.
Im Rahmen eines Individualvertrages wäre es wohl möglich, die Haftung für einfache Fahrlässigkeit auszuschließen, doch sind Individualverträge im Beherbergungssektor praxisfern, sodass letztlich fast ausschließlich von AGB auszugehen sein wird.
Eine Einschränkung des Schadenersatzanspruches in AGB scheitert allerdings regelmäßig an § 309 Nr. 7 a) BGB, der normiert, dass ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder Erfüllungsgehilfen beruhen, unwirksam ist. Da eine Infektion mit Covid-19 zumindest als Gesundheitsverletzung einzustufen wäre, ist nicht auszuschließen, dass damit ein Haftungsausschluss oder –begrenzung den Anforderungen an AGB nicht standhält.
Unwirksam ist außerdem die summenmäßige Beschränkung des Anspruchs, z.B. in Form eines Höchstbetrags oder eines Ausschlusses von indirekten Schäden.
Um eine womöglich umfangreiche Haftung gegenüber einem infizierten Gast zu verhindern, ist streng auf die Einhaltung aller bundes- und landesrechtlichen Vorgaben für Sicherheit und Hygiene im Hotelbetrieb bzw. im Betrieb von Serviced Apartments zu achten. Dabei muss die jeweils aktuelle Entwicklung stets im Auge behalten werden, da sich Vorgaben zu Sicherheitsvorkehrungen- und vorgaben laufend aktualisieren und ändern. Nur wenn diesen aber umfassend entsprochen wird, sämtliche Vorgaben umgesetzt werden und diese für den Fall des Falles auch entsprechend dokumentiert werden, genügt der Betreiber seinen Sorgfaltspflichten und kann eine Haftung womöglich verhindern.
Verfasst von Marc P. Werner and Antonia Degen