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In Anbetracht des Beschlusses der Bundesregierung in der Zeit vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 den Umsatzsteuer-Regelsatz von derzeit 19 % auf 16 % und den ermäßigten Umsatzsteuersatz von derzeit 7 % auf 5 % abzusenken, stellen sich viele Mieter und Vermieter die Frage, wie sich dieser Beschluss auf ihre bestehenden Mietverhältnisse und die damit einhergehenden Zahlungspflichten auswirkt. Diese Frage soll nachstehend kurz erörtert werden, wobei insoweit auch bereits erste Impulse durch den Entwurf eines zeitnah vorgesehenen Schreibens des Bundesfinanzministeriums berücksichtigt wurden.
Befindet sich im Mietvertrag die Regelung, dass zusätzlich zur Miete „die Umsatzsteuer in der jeweils gesetzlichen Höhe“ zu zahlen ist oder eine vergleichbare Regelung, die beispielsweise nur das Netto-Entgelt ausweist, besteht keine Notwendigkeit den Mietvertrag anzupassen. Zwischen den Parteien gilt insofern automatisch der ab dem 01.07.2020 geltende reduzierte Umsatzsteuersatz (und ab dem 01.01.2021 wieder der bisherige Umsatzsteuersatz) als vereinbart. Die Erstellung eines Nachtrages ist auch unter dem Aspekt des Schriftformerfordernisses nicht notwendig.
Sofern ein Mietvertrag keine derartige Regelung enthält, wäre es empfehlenswert, diesen an die geltende Rechtslage anzupassen und die temporäre Reduktion des Umsatzsteuersatzes mittels Nachtrags zum Mietvertrag vertraglich zu vereinbaren.
Aufgrund der Änderung des Umsatzsteuersatzes ist auch § 29 UStG zu berücksichtigen, durch den der jeweilige Vertragsteil von dem anderen einen angemessenen Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehr- (Anspruch des Mieters gegen den Vermieter) oder Minderbelastung (Anspruch des Vermieters gegen den Mieter) verlangen kann. Voraussetzung für den Ausgleichsanspruch ist aber, dass die Leistung auf einem Vertrag beruht, der nicht später als vier Monate vor dem Inkrafttreten der Änderung des Umsatzsteuersatzes, also vor dem 01.03.2020, geschlossen worden ist und keine abweichende Vereinbarung der Parteien vorliegt.
Da Mietverträge regelmäßig keine Rechnung im Sinne der §§ 14 ff. UStG darstellen, sind sämtliche Rechnungen über den Mietzins (auch Dauermietrechnungen) vor Fälligkeit der nächsten Mietzinszahlung an den jeweils aktuellen Umsatzsteuersatz anzupassen. Für die Mietzinszahlung Juli muss die adaptierte Rechnung daher spätestens bis zum 03.07.2020 übermittelt werden.
Dies ist Ende Dezember in Anbetracht des ab Januar 2021 wieder erhöhten Steuersatzes zu wiederholen.
Sollten die Mietzinszahlungen gestundet worden sein, wirkt sich das nicht auf die Entstehung der Steuerschuld aus. Für die Berechnung der abzuführenden Umsatzsteuer ist nämlich jener Zeitraum maßgeblich, in dem die Leistung erbracht wurde, also die Vermietung stattgefunden hat. Dies bedeutet, dass die Umsatzsteuer auch für gestundete Mietzinszahlungen monatlich abzuführen ist, obwohl keine Mietzinszahlung erfolgte.
Die zwischenzeitige Umsatzsteuersenkung wirkt sich auch auf die Höhe der verbrauchsabhängigen Nebenkosten aus. So werden die Lieferungen von Strom, Gas und Wärme durch Versorgungsunternehmen nach Ablesezeiträumen abgerechnet.
Sofern der Ablesezeitraum nicht am 30.06.2020, sondern zwischen dem 01.07.2020 und 31.12.2020 endet, sind die Lieferungen des gesamten Ablesezeitraums grundsätzlich dem reduzierten Umsatzsteuersatz von 16 % zu unterwerfen. Das gilt jedoch nicht, wenn die innerhalb der Ablesezeiträume vor dem 01.07.2020 ausgeführten Lieferungen nach den jeweiligen Liefer- und Vertragsbedingungen gesondert abgerechnet werden, da dann insoweit 19 % Umsatzsteuer anzusetzen sind.
Es wäre daher im Hinblick auf eine zukünftige Betriebskostenabrechnung sinnvoll, sowohl bei Beginn als auch bei Ende der Umsatzsteuersenkung eine Zwischenablesung der Zähler vorzunehmen. Die Kostentragung für diese Zwischenablesungen sollte – sofern es keine mietvertragliche Regelung dazu gibt – im Vorwege geklärt werden. Die volle Kostentragung durch eine Partei wird jedoch eine besondere Prüfung der Wirtschaftlichkeit dieses Vorgehens erfordern, da ansonsten kein Einvernehmen zu erwarten ist. Alternativ könnten sich die Parteien auch auf eine Schätzung der in diesem Zeitraum stattgefundenen Verbräuche verständigen, um die – unter Umständen sehr hohen – Kosten für die Zwischenablesungen einzusparen.
Wurde ein Mietvertrag mit einem Unternehmen abgeschlossen, dass keine umsatzsteuerbaren Leistungen erbringt, bietet die vereinbarte Miete grundsätzlich keine Möglichkeit steuerrechtliche Änderungen zu berücksichtigen.
Eine Änderung ist auch dann nicht zu befürchten, wenn der Mietvertrag die ausdrückliche Regelung enthält, dass der Mieter dem Vermieter aufgrund der umsatzsteuerfreien Vermietung steuerliche Nachteile auszugleichen hat. In diesem Fall wird nämlich die gezogene Vorsteuer zu 1/10 p.a. ersetzt, was aber zum Zeitpunkt der Schadensberechnung schon ein Fixbetrag ist. Dieser berechnet sich auf Grundlage des bei Ziehung der Vorsteuer anwendbaren Umsatzsteuersatzes, sodass spätere Änderungen des Steuersatzes keine Auswirkungen entfalten.
Bei Bauleistungen entsteht die Umsatzsteuerschuld (wie bei der Stundung des Mietzinses) in dem Zeitraum, in dem die Bauleistung erbracht wurde. Hier gilt das sog. Leistungsprinzip. Der Zeitpunkt der Rechnungslegung ist daher nicht maßgebend und die Umsatzsteuer ist auf Basis des jeweils zum Leistungszeitpunkt geltenden Steuersatzes abzuführen.
Allerdings ist bei der Erbringung von Teilleistungen Folgendes zu berücksichtigen:
Wird die Teilleistung nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 erbracht und in diesem Zeitraum auch die Endrechnung erstellt, da die Bauleistung insgesamt fertiggestellt und erbracht wurde, gelten die insoweit reduzierten Umsatzsteuersätze von 16 bzw. 5 % für die gesamte Endrechnung (§ 14 Abs. 5 UStG).
Werden in diesem Zeitraum jedoch Teilleistungen erbracht und mit dem insoweit reduzierten Umsatzsteuersatz in Rechnung gestellt, ohne dass in diesem Zeitraum auch die Endrechnung erstellt wird, da der Zeitpunkt der Fertigstellung der Bauleistung nach dem 31.12.2020 liegt, müssen bei der im Jahr 2021 (oder später) zu erstellenden Endrechnung die dann jeweils geltenden Umsatzsteuersätze zugrunde gelegt werden. Bei einem ab dem 01.01.2021 geltenden Umsatzsteuersatz von 19 bzw. 7 % bedeutet dies, dass eine vormals – richtigerweise – mit 16 bzw. 5 % Umsatzsteuer ausgewiesene Teilleistung nunmehr tatsächlich mit 19 bzw. 7 % in der Endrechnung zu berechnen ist. Der Steuervorteil wird bei nach dem 31.12.2020 fertiggestellten Bauleistungen – mit Erstellung der entsprechenden Endrechnung – somit vollständig entzogen.
Auf die weitere Umsatzsteuer von zwei Prozentpunkten beim ermäßigten bzw. drei Prozentpunkten beim regulären Steuersatz kann bereits in der Rechnung der Teilleistung hingewiesen werden.
Verfasst von Sabine Reimann, Dr. Dirk Debald, and Dr. Mathias Schönhaus.