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Das Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) brachte verschärfte Rechtsfolgen bei Missachtung der vorgegebenen Anzeigepflichten bei Grundstücksveräußerungen mittels Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft („Share Deal“).
Dieser Artikel soll ein Problembewusstsein schaffen, welche steuerlichen Konsequenzen eine verspätete oder nicht vollständige Anzeige eines im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) anzeigepflichtigen Rechtsvorganges haben könnte.
Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 12. Mai 2021 (BGBl. I. S. 986) unterliegen Änderungen im Gesellschafterbestand einer grundstücksbesitzenden Kapitalgesellschaft, die mindestens 90 % der Anteile betreffen und sich in einem Zeitraum von zehn Jahren ereignen, gemäß § 1 Abs. 2b GrEStG der Grunderwerbsteuer.
Davor löste nur die Übertragung von Anteilen an einer Personengesellschaft Grunderwerbsteuer aus. Dies führte dazu, dass bei grundstücksbesitzenden Kapitalgesellschaften die Grundstücke vermehrt in Form eines Share Deal übertragen wurden. Seit 2021 ist dies zum Zwecke der Ersparnis von Grunderwerbsteuer nur mehr unter erschwerten Bedingungen möglich.
Der in § 1 Abs. 2b GrEStG steuerauslösende Sachverhalt bezieht sich auf den Übergang des Eigentums an den Gesellschaftsanteilen auf den neuen Gesellschafter, folglich auf den Zeitpunkt des Closing der Transaktion.
Demgegenüber beziehen sich die Regelungen des § 1 Abs. 3 Nr.1 und 3 und Abs. 3a GrEStG als Auffangtatbestände auf sämtliche Rechtsgeschäfte, die
Zeitlich betrachtet beziehen sich diese Bestimmungen auf den Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages, folglich auf den Zeitpunkt des Signing der Transaktion.
Damit es nun aber durch die Einführung des § 1 Abs. 2b GrEStG zu keiner Doppelbesteuerung desselben Erwerbsvorgangs kommt, haben die obersten Finanzbehörden der Länder gleichlautende Ländererlasse vom 10. Mai 2022 (BStBl. I S. 821) betreffend der Anwendung des § 1 Abs. 2b GrEStG veröffentlicht.
In diesen Erlassen wurde klargestellt, dass die beiden Rechtsvorgänge (Signing und Closing) zwei grunderwerbsteuerrechtlich getrennte Vorgänge darstellen und § 1 Abs. 2b GrEStG in der Anwendung § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG vorgeht.
Eine Festsetzung gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 3 GrEStG erfolgt im Zeitpunkt des Signing. Im Zeitpunkt des Closing erfolgt sodann eine Festsetzung gemäß § 1 Abs. 2b GrEStG. Die Festsetzung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 3 GrEStG ist bei Grundstücksidentität in diesem Fall aufzuheben oder abzuändern.
Diese aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht unproblematische Feststellung in Ländererlassen führte in weiterer Folge zu einer im Zuge des Jahressteuergesetzes 2022 beschlossenen Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes.
Mit Einführung des Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) vom 16. Dezember 2022 wurden folglich nachstehende Änderungen des Grunderwerbsteuergesetzes beschlossen.
Der hinzugefügte § 16 Abs. 4a GrEStG enthält nun folgende Klarstellung:
Wenn die Anteile in Erfüllung eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder des § 1 Absatz 3a nach Abschluss dieses Rechtsgeschäfts übergehen und dadurch der Tatbestand des § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b verwirklicht wird, so wird auf Antrag die Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder § 1 Absatz 3a aufgehoben oder geändert. […]
Diese Regelung soll eine Doppelbesteuerung für denselben Erwerbsvorgang vermeiden. Voraussetzung für eine Aufhebung oder Abänderung ist jedoch, dass die Erwerbsvorgänge dem Finanzamt fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt wurden.
Dies beinhaltet der Tatbestand des neu hinzugefügten § 16 Abs. 5 Satz 2 GrEStG:
[…] Die Vorschrift des Absatzes 4a gilt nicht, wenn einer der in § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 3 oder in § 1 Absatz 3a oder in § 1 Absatz 2a oder Absatz 2b bezeichneten Erwerbsvorgänge nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 bis 20) war.
Wird der Erwerbsvorgang entgegen den in den §§ 18 bis 20 GrEStG festgelegten Anzeigepflichten nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt, besteht die Gefahr, dass derselbe Rechtsvorgang zweimal mit der Grunderwerbsteuer belastet wird.
Gemäß § 19 Abs. 3 GrEStG müssen die Anzeigepflichtigen alle in § 19 Abs. 1 und Abs. 2 GrEStG angeführten Vorgänge innerhalb von zwei Wochen beim zuständigen Finanzamt anzeigen. Ist bei dem steuerauslösenden Vorgang eine Kapitalgesellschaft ohne Geschäftsleitung oder Sitz im Inland beteiligt, verlängert sich die Frist auf einen Monat.
Dies kann bei komplexen Transaktionsstrukturen sowie bei Transaktionen mit umfassendem Grundbesitz eine große Herausforderung für alle Beteiligten darstellen.
Gemäß § 20 GrEStG müssen die Anzeigen neben der Bekanntgabe von allgemeinen Informationen zum Veräußerer und Erwerber,
enthalten.
Die Anzeigen, die sich auf Anteile an einer Gesellschaft beziehen, müssen außerdem gemäß § 20 Abs. 2 GrEStG Angaben betreffend
enthalten sowie bei mehreren beteiligten Rechtsträgern außerdem eine Beteiligungsübersicht.
Diese Informationen mögen vielleicht bei einem einfachen Share Deal mit dem Fokus auf dem Übergang einer entsprechenden Immobilie innerhalb von 14 Tagen nach Signing zur rechtzeitigen Anzeige beschaffbar sein. Bei Transaktionen mit einer Vielzahl an Grundstücken sowie bei mittelbaren oder sukzessiv erfolgten Anteilsübertragungen stellt diese überaus knappe Anzeigefrist die Beteiligten vor Herausforderungen.
Zu bedenken ist auch, dass die Anzeigen für jedes einzelne Grundstück beim zuständigen Lagefinanzamt einzubringen sind. Um hier nicht den Überblick zu verlieren, ist eine frühzeitige und ordentliche Aufbereitung und Dokumentation der Grundstücksunterlagen zwingend erforderlich.
Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung empfehlen wir deshalb
Gerne stehen wir Ihnen als Berater für weitere Rechtsfragen zur Verfügung.
Verfasst von Mathias Schönhaus und Kerstin Schoening.